Rocky Lewis

Verfasst am 01. August 2024 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews, Regionale Bands) — 864 views

Anlässlich des anstehende Releases von „Lost In A New World“ – dem neuen Album von Rocky Lewis trafen wir uns im Dead End, um mit dem Power-Trio Mischi, Onat und Jan über die Entstehung und die Hintergründe des Albums zu sprechen.

 

 

Metal Aschaffenburg: Hey! Schön dass es geklappt hat und dass ihr alle da seid. Ist gar nicht so oft, dass man mal eine komplette Band hier an den Tisch bekommt.
Ihr bringt ein neues Album raus und Ich habe mich echt erschrocken, als ich festgestellt habe, dass „Reign Of Reptiles“ schon neun Jahre alt ist.
Wie weit reicht denn das Songwriting für das neue Album zurück?

Mischi: Es gab ja 2016 so einen kleinen Crash in der Band. Danach kam das so genannte „Chapter 2“ mit Chris am Bass und Jan am Schlagzeug. Und da ging es dann eigentlich los. Wir haben uns ein paar ältere Songs draufgeschafft, um ein paar Gigs zu spielen und dann auch gleich wieder an neuen Songs gebastelt. Das sind sozusagen die Urgesteine, die jetzt auf der CD gelandet sind.
Die Songs haben wir dann auch ein paar Jahre live gespielt. Aber da ist noch viel verfeinert worden in der Zwischenzeit.

Also sind die Songs des Albums wirklich in den Jahren Stück für Stück entstanden.

Mischi: Es hat sich extrem gezogen bis wir endlich ins Studio gegangen sind. Wir waren ja eigentlich schon bereit gewesen, aufzunehmen, als dann Chris ausgestiegen und wir schauen mussten, wo wir jetzt einen Bassisten herbekommen. Dann hat Jan aber glücklicherweise Onat gefunden, der einfach super in die Band gepasst hat.

Also kanntet ihr euch schon vorher?

Onat: Ich kannte Jan. Mischi eher vom sehen. Jan hatte mich angeschrieben, als ich gerade von Frankfurt wieder nach Aschaffenburg gezogen war und mir Musik geschickt. Die hat mir super gefallen und der Proberaum war auch nah.
(alle lachen)
Ich hatte aber schon eine ganze Weile nicht mehr in Bands gespielt und musste erstmal schauen, wie es überhaupt klappt…

…aber du bist immer noch da!

(alle lachen)

Onat: Ich bin noch da – und es passt auch. Ich mag die Jungs – und die müssen mich jetzt auch mögen! (alle lachen)

Jan: Mir ist auch kein anderer eingefallen. Wir hatten zuvor ein Profil gezeichnet, wen wir brauchen: Er soll Spaß an der Musik haben und nicht tausend andere Bands – denn es nützt ja nix, wenn du den besten Bassisten der Welt hast – aber er hat keine Zeit. Und er darf natürlich auch nicht viel besser sein als wir. (alle lachen)

Onat, du hast aber zuvor bereits in Aschaffenburg Musik gemacht?

Onat: Ja, aber eher in Schüler- und Coverbands. Rocky Lewis sind aber nochmal eine ganz andere Geschichte.

Das stimmt! Und jetzt bist du Teil des bisher besten Albums von Rocky Lewis! „Lost In A New World“ ist das abwechslungsreichste und dennoch stimmigste Album. Es ist Rocky Lewis im Kern mit vielen neuen Facetten.

Tauchen wir einfach mal ein bisschen tiefer ein: Es gab so ein paar Momente bei denen ich echt überrascht war. Eines davon ist der melodische Abschluss „Yesterdays Dead“, in dem ich ganz viel The Offspring – aber auch Megadeth heraushöre. Megadeth hab ich auch im Opener „Rock Machine“ herausgehört. Der hätte super auf die „Cryptic Writings“ oder „Risk“ gepasst.

Jan: Das mit Megadeth hören wir irgendwie öfter, oder?

Mischi: Weißt du, wir wollten ja nie etwas Neues erfinden, weil es einfach alles schon gibt. Wir stehen halt im Proberaum und zocken etwas vor uns hin. Dass dann solche Vergleiche herauskommen passiert einfach. Das merkt man selbst gar nicht. Aber den Vergleich mit Megadeth nehmen wir natürlich als Kompliment – denn wir sind alle Fans!

Entstehen denn da im Proberaum auch Ideen, bei denen ihr überlegen müsst, ob sie überhaupt zu Rocky Lewis passen? Ich denke da z.B. an den extrem melodischen Refrain von „Yesterdays Dead“.

Mischi: Da hast es aber auch gut getroffen! Die Melodie dazu ist vor der Corona-Zeit entstanden und ich dachte auch erst dass sie nicht passt. Aber was heißt „passt nicht“? Dann habe ich versucht, sie mit etwas schnellem zu verbinden. Und im Proberaum haben wir dann diesen Song daraus gemacht.

Aber steckt man irgendwie eine Grenze ab und definiert den Sound von Rocky Lewis oder holt man halt wirklich einfach alle Ideen rein?

Mischi: Ja, also im Endeffekt probiert man alles aus und stimmt dann demokratisch ab.

Jan: Also wir haben am Ende keine Nummer rausgeschmissen, sondern alle Songs so ausgearbeitet, dass sie für uns passen.

Onat: Im Proberaum gibt es tausende Situationen in denen wir gemeinsam an Ideen arbeiten und experimentieren.

Jan: Es gibt bei uns auch keine Mehrheitsentscheidungen. Wir machen etwas wirklich nur dann, wenn alle drei damit zufrieden sind.

Und dennoch habt ihr auf „Lost In A New World“ die Grenzen weiter ausgelotet.

Jan: Das kommt natürlich auch durch die Umbesetzung. Wenn du zwei von Dreien austauschst, macht das natürlich auch etwas mit dem Sound.

Mischi: Es macht zum Beispiel viel aus, wie fein Jan alles ausgearbeitet hat – ohne jetzt zu sagen: Vorher war alles Scheiße. Es hat jeder zum entsprechenden Zeitpunkt seinen Einfluss auf den Sound gehabt. Es muss sich einfach nur im Gesamten gut anfühlen.

Jan: Und es ist jetzt auch neun Jahre später!

Ihr seid also 9 Jahre besser geworden!

Jan: Älter (alle lachen)

Hättet ihr die Scheibe in dieser Form auch vor 9 Jahren aufnehmen können?

Jan: Nein, Ich hätte es so nicht aufnehmen können.

Mischi: Ich sage sogar, dass es auch vor drei Jahren nicht geklappt hätte. Die Songs haben sich in den letzten Jahren auch noch sehr gewandelt und dazu hat Uwe auch noch seinen Salz- und Pfefferstreuer ausgepackt.

Uwe ist ein gutes Stichwort! Ihr wart wieder bei Uwe Lulis (Accept, Ex-Grave Digger) im Studio. War das von Anfang an so gesetzt?

Jan: Also ich glaube bei Mischi war es gesetzt. Er hat aber so getan als würde es Alternativen geben. (alle lachen)

Mischi: Ich will nicht sagen dass ich Bedenken hatte bei anderen Leuten – aber ich weiß wie der Uwe arbeitet und bei anderen weiß ich es nicht.

Onat: Man hätte eigentlich überall aufnehmen können, was wir uns angeschaut haben. Aber Uwe passt wirklich gut.

Finde ich auch. Rocky Lewis machen für mich „Bauchmusik“ – und so klingt das Album auch. Nicht so klinisch, sondern mit ganz viel Gefühl.

Jan: Dann warte mal das Vinyl ab!

Hat sich Uwe denn auch in Arrangements, Songs und Strukturen eingebracht?

Jan: Hmm. Nein – die Strukturen standen eigentlich alle soweit fest.

Mischi: Er hat mich auf jeden Fall ein paar Mal Schwitzen lassen. Du denkst ja immer, du kannst deinen Scheiß und dann stehst du im Studio wie ein Schüler. (lacht)
Bei „Part Of The Universe – Cancer Of This World“ hat er sehr viel Einfluss auf die Vocals gehabt.

Jan: Bei „Rock Machine“ haben wir zwei Takes gemacht – und dann meinte Uwe: Das müsst ihr eigentlich ein bisschen schneller machen! Das haben wir dann ausprobiert und sind dann bei der schnelleren Version geblieben. Genau wegen so etwas ist der Blick von außen sehr gut!

Onat: Du steckst ja immer im Prozess drinnen.

Jan: Man muss aber eben auch bereit sein, solche Ideen von außen zuzulassen. Auch Kritik zuzulassen.

Weil man oft denkt, dass die eigenen Ideen immer die besten sind.

Jan: Genau! Irgendwann merkt man aber, dass man Dinge einfach sehr viel besser machen kann wenn man sich mal andere Meinungen anhört und wirklich drüber nachdenkt. Dann lernt man, dass man Sachen machen kann, an die man selbst nicht denkt. Gerade beim Proben finde ich immer das wichtigste, Dinge man auszuprobieren und so lange zu üben, bis du es perfekt spielen kannst. Wenn du es dann perfekt spielen kannst, dann hörst du es dir an und kannst es immer noch Scheiße finden. Aber du musst trotzdem jeden Weg einmal durchgehen, um am Ende das beste Ergebnis zu finden.

Onat, war das deine erste Studio-Aufnahme?

Onat: Die erste Aufnahme bei jemandem, der das professionell macht. Es war einfach ein tolles arbeiten im Studio mit Uwe. Eine tolle Erfahrung, wirklich Klasse!
Wenn wir proben, machen wir das analog. Mein Verstärker und meine Boxen sind 40 Jahre alt. Wir benutzen keine Effektgeräte und das war uns bei den Aufnahmen auch wichtig.

Jan: Das ist es auch was du mit dem Sound meinst. Man hört am Ende einfach, wie wir klingen. Da werden keine Samples drübergepackt. Es ist alles sehr authentisch.

Mischi: Gerade Jan hat da sehr genau seine Vorstellungen wie sein Schlagzeug klingen soll.

Jan: Da war Uwe auch lustig. Er hat bestimmt zehnmal gesagt, dass ich es gar nicht mehr abbauen brauche. (alle lachen)

Onat: Es können Bands mit super vielen Effekten ganz toll klingen, aber wir wollen das nicht. Das ist auch keine Wertung. Das ist nicht besser als das andere. Das ist das was wir halt sind.

Kommen wir kurz zum Artwork. Das Bild wurde von Katja gemalt und hat ursprünglich eine andere Farbe?

Mischi: Das Artwork war tatsächlich euch ein Punkt, warum sich alles so herausgezögert hat. Wir hatten erst eine ganz andere Idee für Artwork und Albumtitel. Glücklicherweise hatte die aber Onat nicht gut gefallen, so dass ich neu überlegen musste. Ich kam dann beim Spaziergang mit dem Hund auf den neuen Titel und fand, dass das Bild gut dazu passt, habe es abfotografiert und versucht, es irgendwie grün zu bekommen. (alle lachen)

Ich sehe den Titel „„Lost In A New World“ auch als Überschrift für die einzelnen Stücke.

Mischi: Ja, das ist mir aber auch erst beim Spaziergang bewusst geworden – wie gut das alles passt. Obwohl es in dem Sinne kein Konzeptalbum ist.

Wie lange habt ihr denn an der an den Song-Positionen gearbeitet?

Jan: Also ich gar nicht. Das ging bei mir ganz schnell. (alle lachen)
Aber alleine der Abschluss mit „Falling“, „Looking Back“, „Move That Mountain“ und dann „Yesterdays Dead“. Das ist Weltklasse – alleine thematisch schon!

Mischi: Ja, das ist unglaublich wichtig. War es auch damals bei der „Reptiles“ schon. Dort gab es ja auch schon ein Teilkonzept – aber eben nur, wenn die Songs in der richtigen Reihenfolge stehen. Und hier war es jetzt auch so. Ein Beispiel: Ich fand es sonst immer gut, wenn am Schluss eine Nummer steht, die so typisch unseren Sound widerspiegelt.
Aber dann habe ich mir gedacht: Der letzte Song ist doch der Song, bei dem man entscheidet, ob man die CD nochmal hört. Den letzten Song hier im Dead End pfeifen die Leute dann draußen vor sich her. Deswegen steht jetzt „Yesterdays Dead“ am Schluss, weil die Melodie einfach hängen bleibt.

Onat: Bei dem Song hab ich mich auch schon neulich dabei ertappt, dass ich ihn vor mich hin gesungen habe.

Ich finde auch „Rock Machine“ als Opener extrem gut. „Addiction“ im Anschluss ist einer von meinen Faves…

Jan: Ehrlich? Das fand Uwe auch! Deswegen ist das auch unser erstes Video geworden.

Onat: So wie wir im Video zu sehen sind, so spielen wir auch im Proberaum. Außer, dass Mischi falsch herum steht.

Mischi: (lacht) Genau! Aber das ist trotzdem extrem authentisch.
Noch eine lustige Story dazu: Wir hatten im Studio schon fünf Songs eingespielt und meine Stimme war schon ein bisschen belegt. Da meinte Uwe: Komm wir machen jetzt noch „Addiction“, weil da soll die Stimme so klingen! (alle lachen)

Jan: Ja, beim Gesang haben sich so einige Sachen herausentwickelt. In „The Demons You Sent“ kommen z.B. von Refrain zu Refrain gesanglich immer mehr Dämonen dazu. Beim letzten Refrain klingt es dann nach Exorzismus! Großartig gut!

Lass uns zum Schluss noch ein/zwei Texte herausgreifen. Wovon handelt denn
„Move That Mountain“?

Mischi: „Move That Mountain“ handelt von einer Situation, die fast jeder kennen dürfte. Es geht darum, dass sich in Stresssituationen alle Kleinigkeiten zu einem Berg auftürmen und von allen Seiten kommt der Druck: „Du musst das aber machen!“

Daran schließt auch „Yesterdays Dead“ an.

Mischi: Genau. Der Song handelt davon, dass dir einfach immer die Zeit wegläuft. Sie rennt und rennt und du nutzt sie irgendwie nicht richtig; schiebst ständig die Dinge vor dir her oder machst sie einfach nicht.

Was wiederum perfekt zum Albumtitel passt.
Wer hat euch denn so abgefuckt, dass ihr ihm eine „M.I.L.K.“ spendiert?

Mischi (lacht): Eigentlich hatte die Nummer am Anfang einen ganz anderen Text gehabt. Der war sogar noch ein bisschen krasser. Der Song sollte zuerst „A Personal Collection Of Heads“ heißen. Es gibt einfach einige Leute, die schuld daran sind, dass zigtausend andere Leute vor die Hunde gehen. Aber wir sind ja keine aggressiven Leute und machen das lieber mit einem Augenzwinkern.

Vielen Dank für das Interview! Wir sehen uns dann am 30.08.20204 im Colos-Saal zur Release Show!

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