METALFRANKEN STRIKES BACK!
Verfasst am 02. September 2005 von Michael Klein (Kategorie: Festival-Rezensionen) — 5.839 viewsUp From The Ground 2005
26.-27.08.2005 – Gemünden
Wir befinden uns im Jahre 2005 n. Chr. Ganz Germanien ist von den Poppern besetzt… Ganz Germanien? Nein! Ein von unbeugsamen Metalern bevölkertes Festival hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Normalos, die als Besatzung im umliegenden Gemünden hausen…
Trotzdem zog es sie in recht hoher Anzahl auf die Brücken, von denen das Up From The Ground 2005 zu sehen war. Aber wer weiß – vielleicht war es anstatt der vielen suspekten schwarzen bösen Gestalten ja die absolut geniale örtliche Gegebenheit, die sie sich angucken wollten, denn eines muss man dem UFTG einräumen: Es liegt wirklich, auf Deutsch gesagt, saugeil!
Ebenfalls Glück hatte man dieses Jahr mit dem Wetter; wer dort war oder vielleicht auch nur den Bericht gelesen hat, erinnert sich vielleicht an die Schlammschlacht, die August 2004 hier ausgetragen wurde.
Gesteigert hatte sich neben der Durchschnittstemperatur die Anzahl der Besucher und der Eintrittspreis, was wohl auf das etwas „fettere“ Billing zurückzuführen war (was keineswegs heißen soll, dass das des UFTG 2004 mager war). Auch war fast das gesamte Burial-Ground-Forum dabei, somit war die Zahl der Aschaffenburger von 3 auf 16 gestiegen.
Es gab zu sehen (in korrekter Reihenfolge):
Freitag:
- Selaiah
- Antichrist
- Fearer
- Delirium Tremens
- Dark Fortress
- My Darkest Hate
- End Of Green
- The Duskfall
- Primordial
- Belphegor
- Ektomorf
- Ensiferum
- Napalm Death
Samstag:
- Fragmentory
- Path Of Golconda
- Disinfect
- Dark Age
- Hatesphere
- Heaven Shall Burn
- Fleshcrawl
- Mnemic
- Rotting Christ
- Misery Index
- Unleashed
- Hypocrisy
Wie dem Kenner evtl. auffällt, liegen die Schwerpunkte hauptsächlich im Bereich Death/Thrash Metal, wobei mit Heaven Shall Burn und Dark Fortress definitiv aber auch andere Genres höchst würdig vertreten waren.
Mit dem Zug kommt der durchschnittliche UFTG-ler in ca. 30 Minuten von Aschaffenburg nach Gemünden, dann folgt der beschwerliche Fußmarsch entlang der Straße, unter einer Brücke durch und so weiter, bis man schließlich vor einer großen grünen Wiese mit vielen kleinen Zelten und vielen kleinen schwarzen Männchen und Weibchen steht, die zwischen den Zelten umherwuseln, grillen, sitzen, liegen, betrunken hin-und-herfallen oder eines der Toilettenhäuschen aufsuchen.
Alsbald hatte unsere Fraktion auch ihr Lager aufgeschlagen; es folgte das Sichten der Vorräte und die sofortige Erkenntnis: Wir brauchen Bier. Leider gab’s auf dem Festival selbst nur Lohrer Pils (vielen Dank) und Glasflaschen waren nicht erlaubt. Da wir auch was zu essen brauchten, lag nichts näher, als dem nahegelegenen Edeka einen Besuch, oder eher, eine „schwarze Invasion“ abzustatten, und dort nach Festivaltauglichem Bier zu suchen.
Jener Edeka führte jedoch weder Dosen noch Plastikflaschen, was eine Sauerei war. Die Rettung erblickten wir in Form einer DBV-Tankstelle, die – siehe da – auch ein UFTG-Plakat an der Außenscheibe kleben hatte, das mit Einverständnis des Tankwarts von mir mitgenommen wurde, und sich jetzt an meiner Tür befindet.
Dankesehr!
Freitag
Nachdem wir den Weg zum Festivalgelände bestritten hatten (begleitet von einigen lustigen Erlebnissen – „Schau, schau, die Kuh…“/„Der is ja noch gut…“) konnten wir schließlich bereits die erste Band auf der Bühne sehen – Selaiah. Im Programmheft war bei der Beschreibung wortwörtlich der Satz „gebt ihnen eine Chance“ zu finden – ich habe das nicht wirklich getan, sondern mir das Festivalgelände und die dort ansässigen Stände angesehen, aber was ich von S. mitbekam war wenig aufregend, in etwa dasselbe war mein Eindruck von Antichrist. Irgendwie fehlte Dynamik, „Schmackes“. Etwas besser heizten dann schon Fearer ein, an die ein Burial-Ground-Mitglied offensichtlich immer wieder gerne denkt. Die nächste Band, Delirium Tremens, sollte der Beschreibung zufolge das kuttentragende und headbangende Publikum ansprechen, und es wurde nicht zuviel versprochen. In höchst anständiger Manier wurde 80er-Thrash-Metal von der Bühne gebrettert, verbunden mit eindrucksvollen Headbang-Einlagen.
Getoppt wurde die Vorstellung allerdings gleich danach von dem, meiner Meinung nach, ersten echten Highlight des Festivals: Dark Fortress. „Dynamic Black Metal“ nennt man die Tonkunst, der sich das Landshuter Gespann verschrieben hat, und dieses wusste in höchstem Maße zu überzeugen (hoher Headbangfaktor, wer jedoch genau hinhörte wurde ebenfalls nicht enttäuscht).
Nach DF ging’s erstmal wieder zurück zum Zelt, wo etwas Essen vernichtet wurde und wir u.a. Kontakt zu unseren Nachbarn herstellten (insbesondere ein gewisser Frefan Stiedrich zeigte sich sehr kontaktfreudig). Die nächste Band, The Duskfall, war recht gut, empfohlen worden waren mir allerdings v.a. Primordial. Deren Gig hätte ich mir vielleicht bis zum Schluss anschauen sollen, denn die ersten Songs enttäuschten mich ziemlich, was dazu führte dass ich wieder wegging, allerdings wurde mir später gesagt, dass Primordial absolut genial gewesen wären. War wohl nix.
Die nächste Band die ich zu Gesicht bekam war Ektomorf, von denen ich noch nie zuvor etwas gehört hatte.
Wie kommentiert man Ektomorf? Ich sag’s mal so: Ein bisschen Geballer ist immer ganz nett, was man allerdings weglassen könnte wären dröhnende Bässe in gräßlicher Nu-Metal-Manier (ein Zuhörer wollte sogar Parallelen zu Slipknot hergestellt haben!?), und die Ansage „Up From The Ground, make some Noise!!“ wirkt auch dann nicht qualifizierter, wenn man sie 12 Mal wiederholt und ca. 3 Mal das Wort „Fuck“ darin unterbringt. (Das fiel jedoch kaum auf, da das sowieso jedes 2. Wort war). Laut Aussage einer Zuhörerin, die Ektomorf angeblich schon ca. 20 Mal gesehen hat, sei der Sound miserabel gewesen.
Der nächste Act wusste gleich wesentlich besser zu gefallen, denn es handelte sich um niemand geringereres als die göttlichen Ensiferum! Bereits auf dem Wacken eine klasse Show abgeliefert habend, starteten die Finnen mit einem gut abgestimmten Programm durch, und es kam an. Ich, vorne in der 3. Reihe stehend, wurde beim Versuch Fotos zu schießen etwas gepoged, trotzdem schaffte ich es, den obligatorischen Dalmatiner-Cowboyhut abzulichten. Sehr beeindruckend war u.a. die Vorstellung des Bassisten (gleichzeitig Singen und irgendwelche verfrickelten Sachen auf einem 6-Saitigen Bass herunterfingern). Die Songauswahl war sehr gut, es war eigentlich alles dabei, was man so hören wollte – „Little Dreamer“, „Hero In A Dream“, „Treacherous Gods“ (verdammte Soundprobleme – Mikro des Bassisten war aus!!), „Into The Battle“, „Battle Song“, usw… ein Klasse Gig. Gerne wieder.
Was nun folgte war ein Headliner, nämlich Napalm Death. Ich möchte jetzt keine Diskussion anfangen, ob Oldschool oder nicht Oldschool oder was auch immer, kurz und bündig gesagt – ich fand’s wirklich schlecht. Vielleicht liegt’s daran, dass ich mit dem Stil von ND einfach wenig anfangen kann, vielleicht lag es am Sound, vielleicht daran, dass ich noch etwas am Sack war (wie bereits erwähnt, das Ensiferum’sche Pogo hatte mir etwas zugesetzt) – es zündete einfach nicht. Daran änderte sich nach 3 Songs auch nichts, was mich und andere Leute des Aschaffenburger Camps dazu führte, uns zurück zu den Zelten zu begeben.
Dort wurden in einer feierlichen Zeremonie als Abendessen die „kleinen Klopse“ von „Wickie“ geschlachtet – leider nicht mit vollzähliger Anwesenheit aller Klabusterbären- Mitglieder. Der Gaskocher, der auf dem letzten UFTG bereits hervorragenden Dienst getan hatte (und auch das Wacken überlebt hat – das Teil ist wie es aussieht unverwüstlich), leistete wieder entscheidende Hilfe.
Samstag
Evtl. auf dem Foto zu erkennen ist der höhlentrollähnliche Aufstehvorgang und die noch in den Knochen steckende Müdigkeit („Mann, seh‘ ich scheiße aus“); die Nacht war nicht allzu erholsam gewesen, da ständig irgendwer über unsere Zeltschnüre gefallen war. Frühstück: Woscht. (Mit Gewürzketchup). Die erste Band an diesem Tag, Fragmentory, verpassten wir so, als wir auf das Festivalgelände kamen, spielten bereits Path Of Golconda. Diese wurden vom eigens mitgebrachten Fanchor ordentlich angefeuert, lieferten aber auch sonst eine gute Show ab.
Disinfect sind mir weniger durch ihr ordentliches Brett in Erinnerung geblieben als durch die Ansagen des Sängers, die (beabsichtigt) wirklich zum Ablachen waren. „Hi to you, Frankfurt. I love Frankfurt. It’s the best city in whole France.“ (man beachte, dass die Band aus Deutschland kommt). „La chanson prochaine s’apelle blablabla…“. Gut gemacht, Jungs. Auch wenn man sich über Albentitel wie „Beinspender“ (HÄ?) etwas wundert. Vielleicht hilft reinhören ja.
Nächste Band: Dark Age. Was hier geboten wurde kann sich m.E. wirklich sehen lassen, Melodic Death der ersten Güteklasse, mit äußerst hohem Anreiz zum Bangen. Einziges Problem war der Sound (Leadgitarre zu leise), aber wenn man weit genug vorne stand bekam man eigentlich alles mit. Mir wurde, da ich unfreiwillig erneut in ein Pogo geriet, ein Bier über mein neues Cryptic-Wintermoon-Longsleeve geschüttet (GRRRR!!!). Naja, was soll’s wir sind hier auf ’nem Festival. Guter Auftritt, Dark Age, weiter so.
HateSphere hinterließ bei mir irgendwie überhaupt nichts, Thrash Metal mit irgendwas… keine Ahnung, aber ich fand’s nicht sonderlich bewegend. Was danach kam, Heaven Shall Burn, setzte widerum andere Akzente. Die Ossis bretterten als erstes kräftig los, und obwohl ich vorher noch nie etwas von HSB gehört hatte, gefiel es mir durchaus. Etwas seltsam wirkte allerdings die Optik der Band (Counter-Strike-Clan?) sowie die Ansagen, die 1. leicht össisch gehalten waren, was unwillkürlich zum Grinsen führte, und 2. etwas zu sehr daraus bestanden, sich für den netten Empfang zu bedanken. Naja! Jeder wie er mag. Gut gespielt trotzdem, was ebenfalls zu gefallen wusste war die Publikumsnähe (Fotograben? Kein Hindernis…).
Fleshcrawl: Verpasst. Mnemic waren das, was nach einem kleinen Schoppen auf dem Zeltplatz als nächstes an mein Auge und Ohr drang. Sehr lustiges Geballer und auch eine sehr amüsante Klettereinlage des Sängers (das mit der Hose war übrigens aller Wahrscheinlichkeit nach Absicht…) machten deren Auftritt zu einer unterhaltsamen Show. Die Bühne wurde danach übergeben an Rotting Christ, die sich am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig anhörten, zum Schluss hin jedoch immer besser wurden.
Was danach jedoch kam, hat m.E. durchaus Ambitionen, zum besten Gig des UFTG 2005 gekürt zu werden: Misery Index. Sofort nach dem die Band auf der Bühne stand, ging das martialische Geballer los, das eine 3/4 Stunde lang anhalten sollte – länger hätte es auch kein Mensch durchgehalten. Rasend schnelles, bretthartes Double Bass Drumming, professionell gezockt von Gitarre und Bass, und nicht zuletzt wutentbranntes Gebrüll – man kann sich nicht vorstellen, wie dieses Projekt von Mitgliedern von Dying Fetus (von denen man Qualität hoch 3 gewohnt ist) Energie akustisch umsetzt. Das war Abgeh-Mucke par Excellence. Meine Empfehlung.
Es folgten nun die „Motörhead des Death Metal“, Unleashed. Schon lange vor dem Soundcheck wurden die Schweden mit Sprechhören gefordert. Der Auftritt selbst war trotz der wenig abwechslungsreichen Musik von ausgesprochen guter Stimmun geprägt, was zweifellos an der nicht zu bestreitenden Fähigkeit des Sängers lag, mit dem Publikum zu kommunizieren. Selbst wenn man keinen einzigen Song kannte wurde man von ihm quasi unterwiesen mitzusingen, was auch funktionierte – lediglich als immer wieder von ihm der Satz „You’re the warriors of the world“ kam, wurden von hinten Rufe laut: „Falsches Konzert“ – Absicht oder nicht?
Insgesamt coole Show, aber muss nicht dauernd sein.
Die wachsende Unruhe deutete darauf hin, dass es Zeit für den eigentlichen „großen“ Headliner wurde – Hypocrisy. Da ich leider davor bereits zuviel geheadbangt hatte, beschloss ich nicht abzugehen sondern mir die Band anzuschauen, insbesondere da ich von HC so gut wie nichts kannte.
Das war keine Fehlentscheidung, denn diese lieferten eine sehr passable Show ab, es war zwar meiner Meinung nach nicht der „Oberhammer“ – Misery Index zu toppen wäre sehr schwer gewesen (abgesehen davon spielen HC nicht wirklich den gleichen Stil) – aber gut war’s allemal. Kritikpunkt wäre der ziemlich matschige Sound, obwohl die Band laut Veranstalter eigene Mischer dabeihatte, das hat aber mich persönlich nicht ernsthaft gestört.
Fazit
Was soll man zum UFTG 2005 abschließend sagen? „Bis nächstes Jahr“ wäre eine Möglichkeit. Ich werde höchstwahrscheinlich wiederkommen, denn es war wirklich ein geniales Festival, nicht zuletzt dank des hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnisses (hier gibt es wirklich „value for money“!) und des guten Wetters, das die letztes Jahr stattgefundene Matschorgie vergessen machte. Kritikpunkte wären wohl die Toiletten, sowohl deren Anzahl als auch Zustand (was aber größtenteils darauf zurückzuführen ist, dass einige Leute sich darin verhalten wie die SAU!), stellenweise der Sound, dann die Tatsache, dass man, wenn man eine Currywurst wollte, ein ziemlich verbranntes Gehäcksel bekam, das halb kalt war und offenbar schon etwas länger irgendwo am Stand gestanden hatte (geschmeckt hat’s trotzdem). Wir hoffen auf gute Bands nächstes Jahr – denn der Rest ist schon mal klasse! (wh)
Tags: Up From The Ground
19. Juni 2016 um 11:30 Uhr
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