Built To Kill
Verfasst am 29. Dezember 2009 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 3.885 viewsEin Interview mit Cervet
Cervet – die Aschaffenburger Thrash-Urgesteine – sind zurück! Auch wenn sie nie wirklich weg waren, hat die gefühlt unendlich lange Pause ein Loch in der heimischen Metal-Szene hinterlassen. Über die Gründe hinter der Unterbrechung, das neue/alte Album „Season of the Witch“ und noch mehr hat sich
Metal-Aschaffenburg mit Sänger Zappa unterhalten.
Metal-Aschaffenburg: Zappa, Eure „neue“ Scheibe „Season of the Witch“ ist bereits von 2004 und war ursprünglich nur für eigene Zwecke gedacht. Wie kam es dann doch zur Entscheidung die Stücke zu veröffentlichen?
Zappa: Unser Drummer „Hundi“ verließ die Band 2000 und ab da probten wir mit Drumcomputer. Es hat ganz gut geklappt und wir überlegten irgendwann ernsthaft, ob wir nicht ’ne CD aufnehmen sollten, was wir dann 2003 im LFT-Studio von Marc Bugnard auch getan haben. Marc ist ein Produzent wie man ihn sich nur wünschen kann und holt noch so einiges an Fähigkeiten aus jedem Musiker raus.
Ich war zu dieser Zeit auch noch bei der Death-Metal-Band Tyrax als Sänger tätig und deren Drummer Jochen fand die Cervet-Songs ziemlich gut. Jochen bot uns an, auch bei Cervet die Sticks zu schwingen und wollte aber die Drumspur der Songs neu einspielen. Die Bänder hatte er sich von uns geliehen und wollte damit in das Privatstudio eines Arbeitskollegen. Doch zu einer Aufnahme kam es nicht und das ganze wurde immer wieder verschoben. Die Jahre gingen ins Land, die CD geriet in Vergessenheit und irgendwann verließ Jochen Cervet und Tyrax. Es gab natürlich auch Leute in unserem Freundeskreis, welche die Songs der CD schon gehört hatten, und ermutigten uns dazu diese auch unters Volk zu bringen. Aber zu jenem Zeitpunkt wollten wir das dann auch nicht mehr, weil die Band immer noch nicht „zurück“ war. Mit Flos Einstieg im August 2008 änderte sich allerdings alles schlagartig. Schon nach der ersten Probe stand fest: Der oder keiner. Der Spaß kehrte zurück und wir fanden auch die Zeit reif um nun endlich die CD wieder aus dem Keller zu holen.
Habt ihr auch überlegt, die Stücke mit Drummer Flo neu einzuspielen?
Das Problem bei der Sache ist, dass wir die Bänder nie zurückbekommen haben. Wir kennen den Typen gar nicht der sie hat. Jochen hat ihm wohl ’ne Adresse von uns gegeben, dass er sie wieder zurückschickt, aber da kam bis jetzt nix. Auch kriegen wir momentan keinen Kontakt zu Jochen zustande.
Wir waren ganz schön blauäugig, die Dinger überhaupt aus der Hand zu geben, aber das kann man jetzt nicht mehr ändern. Die Songs haben wir rechtlich schützen lassen um sicherzugehen. Eine Neuaufnahme der Songs wäre also viel zu aufwändig, da wir ohne Bänder auch noch mal alles einspielen müssten. Wir haben aber noch die Master-CD von der wir alle Kopien ziehen können.
Sind denn seit Flos Einstieg bereits neue Stücke entstanden auf die man sich in Zukunft freuen kann?
In unserem momentanen Live-Set befinden sich mit „Season Of The Witch“ und „The Hive“ zwei Tracks von der aktuellen CD und mit „Sarcastic Sacrifice“ einer von unserem ersten Demo.
„Hellcreation“, „Gate Of Decay“ und „Build To Kill“ sind Titel die zwar auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben, aber erst mit Flo umgeschrieben, und auch seit März 2009 das erste mal live gespielt werden. Die Songs „Zombie Riot“, „Evil Seed“, „Max McMayhem“ und „Three Cleaning Women In A Power Plant“ sind mit Flo komplett neu entstanden. Einige davon werden auch sicherlich ihren Weg auf unsere neue CD im nächsten Jahr finden.
Das hört sich ja schon mal viel versprechend an! Kommt man denn irgendwo noch an eure Demo „Blood For Fire“ ran?
Das ist witzig, dass Du das fragst. Arno vom Totentanz-Magazin haut uns des Öfteren an, ob wir nicht Lust hätten, unsere alten Demos auf einem Sammelpakage zu veröffentlichen. Er findet den Song „Blood For Fire“ ziemlich gut und drängt immer wieder, diesen mal live draufzuschaufeln, oder auf ’ner neuen CD rauszulassen. Von den alten Demos „Deprave The World“, „Sunrise“ und „Blood For Fire“ existieren nur ganz wenige und wir werden diese auch nicht weiter reproduzieren.
Fakt ist, dass wir zwar ab und zu in unserem alten Material stöbern und überlegen, den ein oder anderen Song noch mal herzunehmen. Live wäre das auch kein Problem, aber die alten Demos haben einen schlechten Sound und die meisten Songs würden wir so auch nicht mehr darbieten. Es wäre sicherlich auch möglich, dass irgendwann mal ein ganz alter Song, auf einer ganz neuen CD zu hören sein wird. Aber dann in abgeänderter, besserer Form. Unser alter Gassenhauer „Rotting On The Gallows“ wird des Öfteren gefordert. Das freut uns natürlich auch, wenn sich jemand an unsere alten Sachen erinnert.
Immerhin gibt es euch ja auch schon seit etwa 20 Jahren. Damit seid ihr eine der dienstältesten Bands in Aschaffenburg. Da können höchstens noch Verdict und Minotaurus mithalten. Warum sind es ausgerechnet immer Metal-Bands, die so lange ausharren?
Weil Metal eben die einzig wahre und unsterbliche Musik ist, hahaha!
Tatsächlich gibt es uns von den dreien am längsten. Unser Gitarren-Duo Heiko und Patrick lernte ich 1989 kennen, die suchten noch ’nen Basser und da gründeten wir Cervet. Allerdings waren unsere Kollegen von Verdict und Minotaurus über die Jahre weitaus fleißiger und sind somit verdientermaßen auch bekannter und erfolgreicher. Interessant bei Verdict ist, dass es kein einziges Gründungsmitglied mehr in der Band gibt und dennoch existiert diese noch. Wir haben Cervet schon immer als Hobby und Abwechslung zum tristen Alltag gesehen. Wir wollen unseren Spaß haben und deswegen sehen wir die ganze Sache auch nicht so verbissen. Das Publikum merkt das und feiert meistens mit. Wir können Leute nicht Ausstehen die zum Lachen in den Keller gehen und meinen sie müssten den Harten markieren. Oder die so genannte „Musikerpolizei“, Typen die selbst in einer Band spielen und anderen nur auf die Finger glotzen um sich bei jedem Fehler aufzukoffern. Fuck ‚em all!
Cervet ist zwar definitiv KEINE Funband, aber ein kleiner Gag am Rande gehört schon mal dazu. Kleine Krisen hatten wir natürlich auch schon aber so richtig aufgegeben haben wir Cervet nie. Es würde uns auch erheblich fehlen. Cervet ist für uns eine zweite Familie und die Mitglieder verstehen sich bombig.
Jeder weiß über den Anderen genau Bescheid. Außer wann unser Heiko sich das letzte Mal rasiert hat will mir momentan nicht einfallen. In all den Jahren gab es bei uns keinen einzigen ernsthaften Streit – außer wenn’s um Bier, Geld oder Weiber geht…. muhahaha. Nee, nur Spaß.
Die Beständigkeit mancher Bands liegt darin, dass diese den Metal leben und lieben und davon will man sich nicht gerne trennen.
Gibt es regionale Bands, die ihr gut findet? Bekommt ihr überhaupt noch etwas von der regionalen Szene mit?
Zu den Bands: An sich kann ich sagen, dass mir Verdict ganz gut gefällt, Sänger „Ratte“ ist einfach ein Entertainer und für mich die perfekte Mischung aus Dee Snider und Atze Schröder, haha. Ich finde es auch cool, dass Heiko (Gitarrist von Verdict) unsere Konzerte besucht hat. Ihm kann man nicht vorwerfen andere Bands nicht zu unterstützen.
Bei Minotaurus finde ich gut, dass sie ihre Show machen und diese ständig erweitern. Mit der Mucke kann ich persönlich zwar nicht so viel anfangen, aber das wissen sie. Allerdings fand ich das letzte Konzert im Colos-Saal richtig gut.
Schön auch zu sehen, dass es mit Spoilt Flesh, Eris und Close To Extinction junge Bands gibt, welche die Region mit Metal versorgen. My Sleeping Karma machen zwar keinen Metal, sind aber äußerst erfolgreich. Das gönne ich Ihnen sehr – auch wenn es nur dreckige Hippies sind, hahahaha, das musste jetzt sein. Kleiner Joke. Karma-Gitarrist Seppi ist ein sehr guter Freund von Cervet und unterstützt uns auch stark. Und das schon seit bestehen der Band.
Zur „Szene“: Da sind Cliquen und Gruppen, Freundeskreise und Bekannte, aber keine Szene die richtig zusammenhält. Ich will jetzt nicht den Obermotz machen, denn gerade ich kriege den Arsch nicht immer hoch um Bands aus der Region zu unterstützen und anscheinend geht es mehreren so. Vor allem in meinem Alter, ooohhhjeee. Es gibt zwar schon einige und vor allem auch wieder junge Metaller, aber alles ist noch sehr verschlossen. Bands könnten sich untereinander noch mehr arrangieren. Die Stilrichtungen im Metal werden zu sehr getrennt was Konzerte betrifft. Dabei lebt ein für mich interessantes Konzert von der Vielfalt und Abwechslung. Ich will jetzt um Gottes willen nicht alles schlecht reden, es gibt ja auch Ausnahmen seitens Bands, Veranstalter und Publikum. Die „Beatbaracke“ ist vom organisatorischen Faktor her gesehen der Hammer. Da sind Metal-Bands zwar die ganz grobe Ausnahme, aber nicht unbedingt ein Tabuthema so wie unser Auftritt dort gezeigt hat. (An dieser Stelle noch mal Danke an Melvin.)
Mit Marco vom „From the Underground“ und Arno mit seinem „Totentanz“ haben wir auch zwei ältere Kollegen, welche den Underground hier in Aschaffenburg sehr stark unterstützen. Mit eurer „Metal Aschaffenburg“- Seite hat man auch wieder etwas mehr Zugang zum metallischen Geschehen in der Region.
Aber es könnte eben auch besser und beständiger – die Metal-„Szene“ in Aschaffenburg weitaus stärker sein. Vielleicht kommt das noch.
Ich finde, euer Sound ist sehr „holländisch“ – er erinnert mich immer an Occult/Legion of the Damned oder Gorefest. Wer hat euch im Laufe der 20 Jahre Bandhistorie beeinflusst?
Venom natürlich. Die hauen voll auf die Kacke und das wollen wir auch machen – Aaaaaarrgghhhhhh! Aber ernsthaft: Den Vergleich mit Gorefest höre ich ständig. Vor allem als ich noch zusätzlich bei Tyrax gegrunzt habe. Das finde ich nicht schlecht, war aber nie Absicht. Ich habe einige Gorefest-Scheiben, finde sie auch ganz gut.
Als inspirierende Bands für Cervet würde ich aber Morbid Angel, Obituary, Slayer, Overkill, Kiss, frühe Metallica, Maiden, Priest und eben Venom nennen. Das sind jetzt so die Helden aus unseren Anfängen und Bands die es auch heute noch oder wieder gibt, und die wir gerne hören.
Vielen Dank für das Gespräch!
(mk)
Tags: Cervet
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