Moderne Kunst…
Verfasst am 16. September 2009 von Fallen (Kategorie: Interviews) — 2.108 viewsEin Interview mit Indukti
Die polnische, instrumentale progressive Band Indukti kreieren beim Hören ihrer Musik wahrhaftig eigene, moderne Bilder und dringen dabei in nie da gewesene Sphären der Kunst ein. Mit ihrem neuen Album beweisen die fünf Polen erneut, dass sie phänomenale Musik machen und sich dabei selbst treu bleiben. Freundlicherweise hat sich ihr Gitarrist und Saz-Spieler Piotr Kocimski meinen Fragen gestellt und ehrlich beantwortet:
Metal-Aschaffenburg: Bedauerlicherweise sind Indukti zur Zeit nicht sehr bekannt in Deutschland, also erzähl uns ein bisschen etwas über dich und Indukti für alle, die euch nicht kennen!
Piotr: Indukti ist eine fünfköpfige Band, die zusammenkam, um verschiedene starke Gefühle und Emotionen durch die Musik auszudrücken. Elektrische Geige, zwei röhrende Gitarren, Bass und Schlagzeug. Weltweit veröffentlichten wir bis jetzt zwei Studioalben: „Susar“ (2004) und „Idmen“ (2009), außerdem noch zwei Singles: „Disclosure“ und „Mutum“.
Als ich die Promo-CD von eurem neuen Album bekommen hab, musste ich mir die Originale so schnell wie möglich kaufen, weil sie einfach nur genial ist.
Sie heißt „Idmen“ – das ist ein sehr kryptischer Name, was auch auf die Musik zutrifft. Man muss sie sehr oft hören, um die kompletten Songs zu begreifen, wie es im Progressive Metal üblich ist. Was steht also hinter euren Liedern? Wolltet ihr etwas Bestimmtes ausdrücken, weil ich denke, dass die Songs jeder anders interpretiert (wie beim Interpretieren von Bildern aus der modernen Kunst), vor allem bei instrumentalen Stücken.
Es freut mich das zu hören, weil wir so viel wie möglich Raum zur eigenen Interpretation unserer Musik geben wollen. Im Zuhörer soll etwa das vorgehen, was auch beim Betrachten moderner Malerei geschieht. In unserer persönlichen Interpretation war das Hauptkonzept von „Idmen“ der „Kampf“. Jeder Song zeigt eine Art Kampf in verschiedenen Situationen und Gegebenheiten auf. Beispiel: „Sansara“ ist der endlose Kreis des Leidens, das durch die Geburt, den Tod und die Wiedergeburt verursacht wird. Bei diesem Vorgang entwirft sich jeder seine eigene Welt, basierend auf der individuellen Wahrnehmung, den Gefühlen, Emotionen. Diese persönliche Vorstellung der Welt ist oftmals verschieden von der wirklichen Welt. Man spürt die innere Dissonanz, das Leiden und man muss mit der echten Welt kämpfen. Der einzige Weg dieses Problem zu lösen ist, dass man den Mechanismus dahinter versteht. Ein anderes Beispiel: „Ninth Wave“ spiegelt die Kräfte der Natur und der Kampf des Menschen dagegen wider. Das sind allerdings nur einige unserer eigenen Interpretationen. Jeder Einzelne kann seine eigene finden.
Ihr habt euer Album in den TR-Studios innerhalb von etwa drei Wochen aufgenommen. Waren dort schon alle Songs fertig und ihr habt sie nur noch eingespielt, oder habt ihr währenddessen im Studio noch Lieder geschrieben oder verändert?
Bei „Idmen“ – genau wie beim ersten Mal bei „Susar“ – waren schon alle Songs fast komplett geschrieben und arrangiert. Ich sage „fast“, weil es immer eine Art von „Skelett“ ist. Wir schreiben und spielen die Songs live als Quintett: Geige, zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug. Im Studio hingegen erweitern wir das Klangspektrum üblicherweise indem wir neue Spuren, andere Instrumente wie Saz, Trompete, Hackbrett, Didgeridoo, etc. hinzufügen. Dadurch müssen wir die Songs teilweise neu arrangieren, verändern oder improvisieren. Ja, es ist viel Platz für Improvisation, vor allem für Gast-Instrumente. Ich würde sagen, dass die Arbeit im Studio dem „alten Skelett“ eine neue, einzigartige Haut verpasst.
Habt ihr ein Konzept bevor ihr ein Lied schreibt oder jammt ihr einfach und arrangiert es danach?
Es kommt darauf an, aber meistens jammen wir einfach und suchen nach etwas Intressantem, einem „Funken“ auf dem wir ein gefühlvolles Stück aufbauen können. Manchmal entsteht das Konzept während des Schreibens, manchmal ist es nur die Interpretation danach. Normalerweise fangen wir eine Probe nicht mit dem Motto an: „Lasst uns ein Stück schreiben über…“, sondern eher „Let’s Jam!“
Wollt ihr in Zukunft weiterhin eine instrumentale Band bleiben oder wollt ihr einen festen Sänger engagieren?
Wenn wir jemanden finden, der in dieser verrückten Band singen will und wir ihn als Sänger/in akzeptieren würden… warum dann nicht? Aber das passierte die letzten acht Jahre nicht, also denke ich langsam, dass Indukti eine instrumentale Band ist. Aber wir lieben es verschiedene Künstler für Studio-Sessions einzuladen. Auf unserer ersten LP „Susar“ haben wir einen sehr talentierten polnischen Sänger, Mariusz Duda von Riverside eingeladen. Jetzt haben wir drei phänomenale Gastsänger auf „Idmen“: Nils Frykdahl (Sleepytime Gorilla Museum), Maciej Taff (Rootwater and Black River), and Michael Luginbuehl (Prisma).
Wie ist die Arbeit mit den Gastsängern? Schreiben sie ihre eigenen Melodien?
Sie müssen mit unserem instrumentalen Material arbeiten und ihre eigenen Gesangslinien und Texte dazu schreiben. Diese Herausforderung ist also nur etwas für sehr talentierte und professionelle Sänger. Zum Beispiel als wir „Tusan Homichi Tuvota“ komponierten, bemerkten wir, dass der größte Teil dieses Stücks auf einem 27/8 Takt basiert… nur Nils konnte das bewältigen! Maciej Taff ist sehr dynamischer, polnischer Sänger (einer der besten Polens). Wir spürten, dass er mit „…and who’s the God now!!?“ etwas ganz besonderes machen würde. Er tat seinen Job sehr gut und vollführte sogar eine heidnische Zeremonie mit Tanz und Feuer im Studio. Michael Luginbuehl bannte seine einfühlsame Seele und sein Charisma in „Nemezis Voices“. Mit diesen Jungs zusammenzuarbeiten war eine echte Freude!
Ich habe euch vor einigen Jahren live in Aschaffenburg mit Prisma gesehen und ihr habt mir regelrecht mein Hirn mit eurer brillanten Musik und Performance weggebraten. Wie ist es für euch in Deutschland zu spielen, wo euch nur wenige Leute überhaupt kennen?
Wir lieben es in Deutschland zu spielen. Wir spielten schon sehr oft dort – sieben oder acht Gigs auf der Tour mit Prisma und einige Festivals wie die in Würzburg, Burg-Herzberg oder Zappanale in Rostock, etc. Wir hatten eine wirklich gute Zeit in Deutschland. Dort gibt es viele Menschen, die sich für anspruchsvolle Musik interessieren. Wir hoffen, dass wir noch viele tolle Konzerte für euch spielen werden.
Was plant ihr für eure Zukunft? Werdet ihr wieder Konzerte in Deutschland spielen? Vielleicht sogar wieder in Aschaffenburg?
Zur Zeit haben wir nur einige Konzerte in Polen gebucht, also wenn uns jemand einlädt ein Konzert in Deutschland zu spielen, werden wir unser Bestes geben, um es möglich zu machen. Aschaffenburg? Mit Vergnügen!
Habt ihr ein besonderes Ziel oder eine Vision für die Zukunft?
Als Band wollen wir unser neues Album „Idmen“ promoten und vielleicht an neuem Material arbeiten. Kompromisslose, anspruchsvolle und ehrliche Musik, basierend auf echten Emotionen – das ist das, woran wir glauben und was wir immer machen wollen.
Wollt ihr euren deutschen Fans noch etwas sagen?
Wir wollen alle deutschen Fans grüßen! Wir wünschen, dass euch „Idmen“ so gefällt wie auch uns. Wir sehen uns auf den Konzerten und „stay indukted“!
Vielen Dank für das Interview und viel Glück in der Zukunft!
Vielen Dank! (mat)
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