Zwerge und Waldfeen
Verfasst am 20. Juni 2009 von Michael Klein (Kategorie: Interviews, Redaktionscharts) — 3.083 viewsEin Interview mit Minotaurus
Seit inzwischen 15 Jahren bereichern Minotaurus die lokale Musik-Szene mit ihrem Celtic-Folk-Metal und haben sich seit ihren Anfängen kein bisschen von ihrem Weg abbringen lassen. Nach den vorangegangenen sechs Veröffentlichungen will es die Truppe dieses Jahr noch einmal genau wissen und hat mit viel Herzblut und deutlich mehr Aufwand als zuvor die neue CD „The Lonely Dwarf“ fertig gestellt um damit auf breiter Ebene anzugreifen. Begonnen wird der Feldzug am 25.07.09 im Aschaffenburger Colos-Saal mit Geburtstagsfeier und zugehöriger Record-Release-Party. Grund genug für Metal-Aschaffenburg sich mit Sänger Oliver Klump zu treffen und über die Neuigkeiten zu unterhalten:
Metal-Aschaffenburg: Hallo Oliver! Wenn man „The Lonely Dwarf” das erste Mal hört, fällt auf, dass die Scheibe wesentlich druckvoller als die bisherigen Scheiben klingt.
Oliver Klump: Ja, die ist total fett. Wir haben versucht, die Sache noch einmal zu toppen. Mit den älteren Produktionen sind wir zwar nach wie vor zufrieden, wollten uns aber verändern. Gitarren und Schlagzeug sollten brachialer rüberkommen – weil es besser zu den neuen Song passt. Dann haben wir den Tipp mit den Kohlekeller-Studios bekommen und die haben genau den Sound getroffen, den wir uns vorgestellt haben. Außerdem ist dort alles hochprofessionell abgelaufen. Auch mit den Gastmusikern. Das hat uns nochmals bestätigt.
Deshalb auch die lange Wartezeit von fünf Jahren seit dem letzten Album „Myth Or Reality“?
Natürlich nicht für die Aufnahmen, für das Songwriting teilweise ja. Man wird natürlich zwischendrin auch aufgehalten. Da ist mal ein kreatives Loch, dann wieder etwas Privates. So wie es halt ist für jeden der nicht vollberuflich Musik macht. Wir arbeiten ja alle und da hast du natürlich nicht die Zeit, dich nur der Musik zu widmen. Aber natürlich sind wir dieses Mal auch wesentlich konzentrierter und effektiver vorgegangen.
In welchem Zeitraum sind denn dann die Stücke entstanden?
Drei Songs sind älter. Die haben wir teilweise auch schon live gespielt, aber noch nirgends veröffentlicht. Der Rest ist eigentlich recht zügig entstanden. Man hört auch die anderen Einflüsse. Beispielsweise von unserem Schlagzeuger Hagen, der interessante Ideen mit eingebracht hat.
Mit dem habt ihr ja einen wirklich guten Fang gemacht.
Eigentlich das Beste was uns passieren konnte, weil er nicht nur als Schlagzeuger mitarbeitet, sondern sich in allen Bereichen kreativ mit einbindet.
Hagen hat ja zuvor auch in deutlich härteren Bands gespielt (z.B. Gardens Of Gehenna).
Das wird man auch an diversen Doublebass-Gewittern merken.
Dieser Gewinn an Härte hat mir zuvor immer etwas gefehlt.
Das stimmt. Wir waren teilweise etwas zu melodieverspielt. Den Stücken haben manchmal fetzige Gitarren gefehlt und sie waren dadurch mehr Rock als Metal. Solche Songs haben wir natürlich immer noch – aber gerade die ersten vier/fünf Stücke überzeugen durch mehr Wumms. Wobei dann auch wieder die absolute Gegenpassage dabei ist. „Edge Of A Rainbow“ ist eher ruhig, eine klassische Mittelalter-Ballade.
Die CD ist definitiv das Abwechslungsreichste was wir je gemacht haben. Sie hat wirklich sehr viele unterschiedliche Facetten.
Wie ist es denn zu der Zusammenarbeit mit Chris Bay von Freedom Call gekommen?
Wir haben uns schon lange zuvor Gedanken darüber gemacht, diverse Gastmusiker einzusetzen. Wir haben die Messlatte natürlich sehr hoch angesetzt und über Namen nachgedacht, die ich hier gar nicht nennen möchte (lacht), was aber natürlich nicht funktioniert. Chris war in unserer engeren Auswahl weil er meiner Meinung nach gesanglich zur Topliga gehört – was er auch im Studio bewiesen hat.
Er war eine echte Bereicherung und auch sofort bereit mitzumachen.
Auf der nächsten Platte kommt dann Hansi Kürsch?
Nun ja, das wäre einer meiner Wunschkandidaten gewesen. (lacht)
Chris ist aber nicht der einzige Gast auf „The Lonely Dwarf“.
Nein. Sabine Cristal von Symphony of Voices ist wieder mit dabei. Man hört sie im Titelsong. Jarno Fuhr hat ein sensationelles Solo auf Ouroboros eingespielt. Auf „Fighting For Nothing“ ist Moritz Sohns von DreamReaver mit dabei. Oder Markus Steffen von Subsignal (ehemals Sieges Even) um nur einige zu nennen.
Man kann also wirklich von bisher ambitioniertesten Werk der Karriere sprechen. Den Release feiert ihr zusammen mit dem 15-jährigen Bandbestehen im Colos-Saal. Was kann man denn vorab schon verraten?
Wir werden versuchen das ganze Programm der CD zu spielen plus diverse Klassiker. Natürlich wird es auch die eine oder andere Überraschung geben. Wir haben uns da schon was einfallen lassen. Alle, die uns kennen und mögen müssen da kommen, denn so eine Gelegenheit wird es nie wieder geben. Das wird ein geiles Fest! Außerdem ist der Eintrittspreis ganz ganz niedrig gewählt.
Gäste sind die Frankfurter Arven.
Mit denen haben wir schon einmal im Frankfurter Nachleben gespielt und es hat uns ganz gut gefallen was die so gemacht haben. Außerdem passen sie natürlich auch von der Thematik sehr gut.
Nicht anders als zu erwarten sind die Texte natürlich wieder im Fantasy-Metier angesiedelt.
Na klar! Das ist ja schon von Anfang an unser Ding: Fantasy, Legenden, Mittelalter, keltische Mythologie. Das hat uns einfach schon immer interessiert. Wenn jetzt ein Song von Minotaurus „Atomic War“ oder so heißen würde, wäre das schon etwas kurios (lacht).
Ich finde es gerade in diesem Bereich schwierig, Themen aufzugreifen, die nicht schon ausgelutscht sind.
Fakt ist, dass wir in erster Linie gar nicht schauen was schon einmal da war. Sonst wirst du wahnsinnig, denn es war ja wirklich schon fast alles da und man würde damit nur seine Zeit vergeuden. Statt dessen sollte man lieber versuchen kreativ zu sein.
Wir greifen Themen auf, die uns interessieren oder der Song entsteht aus einer Laune heraus. Es muss ja nicht immer tiefgründig sein. Auch Romanvorlagen sind eine Inspirationsquelle. So sind auch dieses Mal die Texte entstanden – mit Ausnahme vom Titelsong, für den natürlich eine Vorgabe feststand und „Holla die Waldfee“, welcher als Dankeschön an unsere Fans gerichtet ist.
Die bei einer Umfrage auf eurer Homepage mit einer Mehrheit von 85% einen deutschsprachigen Song gewünscht haben.
Genau. Der Rest der Bandmitglieder wolle das auch. Ich war zwar von Anfang an sehr skeptisch, weil ich nicht auf irgendeiner Welle mitreiten wollte. Wo wir aber angefangen haben den Song zu proben, war ich dann auch überzeugt. Natürlich wird der Song einige Leute abstoßen aber er ist halt noch ein weiterer Farbklecks auf der Vielfalt der CD.
Mit Tad Williams „Drachenbeinthron“ habt ihr in der Vergangenheit eine noch nicht so ganz abgegriffene Romanvorlage als Textquelle verwendet.
Der Drachenbeinthron ist in meinen Augen immer noch die beste Fantasy-Reihe die es gibt. Die ganzen Figuren, Völker und die Wendungen – da können Herr der Ringe und diverse Andere eigentlich gar nicht mithalten. Kennen komischerweise aber trotzdem viel zu wenige. Das war einer der Gründe warum wir angefangen haben das ganze zu vertonen. Auf der „Carnyx“ ist ja dann auch noch „Stone Of Farewell“ vorhanden.
Nach „Warriorhearts“ – dem Song zum Film „Kriegerherzen“ ist auch der bereits angesprochene „The Lonely Dwarf“ wieder ein Titelsong zu einem Film.
Ja. Der wurde zur Herr der Ringe-Fantasy-Persiflage „Der Einsame Zwerg“ geschrieben. In dem Zusammenhang ist auch unser Video zum Song entstanden. Der Film wird sogar von prominenten Leuten wie Markus Heitz (u.a. „Die Orks“, „Die Zwerge“) unterstützt– ist also nicht zu unterschätzen. Er hat den Song sogar schon gehört.
Wie hat er ihm gefallen?
Ich glaube, das erste was er gesagt hat war: Irgend so was wie Blind Guardian. (lacht)
Mit den Krefelder Metal-Urgesteinen werdet ihr sehr oft verglichen.
Damit fühlen wir uns natürlich geschmeichelt, denn die Band gefällt mir persönlich natürlich sehr gut. Aber der Vergleich wird oft gezogen – auch wenn wir musikalisch nicht ganz so schnell und bombastisch sind.
Stimmt. Wenn, dann eher in dem Flair und der Stimmung der älteren Alben.
Dass ist dann erst recht schmeichelhaft. Ich bin Guardian-Fan der ersten Stunde. Inzwischen sind sie mir aber zu orchestral. Da geht irgendwann das wesentliche verloren. Die haben sich da etwas verfangen in ihrer Vision.
Genau wie die Krefelder kommt auch ihr sehr authentisch rüber.
Klar. Wir kommen ja aus der Szene. Es ist ja nichts das wir machen um Erfolg zu haben. Es ist ja bei uns auch nicht aufgesetzt, sondern wirklich da. True – wie man so schön sagt.
Als ich den Titel „The Lonely Dwarf“ das erste Mal gehört habe und noch nichts von dem Fan-Film wusste dachte ich es wird ein Album über „Die Zwerge“ vom eben schon erwähnten Markus Heitz. So ein Konzeptalbum würde euch doch ganz gut stehen.
Ja. Aber da ist halt die Problematik, dass es wahrscheinlich noch länger bis zum nächsten Album dauern würde. (lacht)
Man hat ja mit Songwriting, Produktion, Proben und Auftritte eh schon alle Hände voll zu tun.
Genau. Man hat nur begrenzt Zeit und Geld zur Verfügung. Da dauert das Ganze entsprechend lange. Wir wollen halt auch keine Schritte zurück mehr machen. Irgendwann bist an einem Punkt angekommen, an dem du sagst, dass sich so ein Album dann auch einmal rentieren soll. Jetzt nicht, dass wir reich werden – aber dass man dann eben die finanziellen Mittel hat um sich immer weiter zu verbessern. Aber das ist natürlich schwierig. Wir sind der Meinung, dass es gehen kann und deswegen haben wir uns jetzt noch mal so reingehängt. Wir machen natürlich auch weiter wenn es nicht klappen sollte – dafür sind wir viel zu große Dickschädel.
Sonst würdet ihr auch nicht seit 15 Jahren so konsequent euer Ding durchziehen, oder? Ihr habt ja allen Spöttern zum Trotze inzwischen Kult-Status in Aschaffenburg erreicht.
Ja, das kann man schon so sagen. Es macht uns eben immer noch viel Spaß – bei allen Höhen und Tiefen. Denn wenn man ein gutes Review liest oder auf der Bühne steht macht das schon Freude. Dann vergisst man den ganzen Stress ganz schnell wieder und denkt sich: Genau dafür machen das! Das klingt wie eine Phrase, ist aber die Essenz warum wir nach dieser Zeit immer noch weitermachen.
Es gibt ja sonst auch nicht viele lokale Bands, die seit 15 Jahren dabei sind. Wie geht es die nächsten 15 Jahre weiter mit Minotaurus?
Um jetzt weiterzukommen und neue Fans zu gewinnen hoffen wir natürlich auf größere Konzerte- so wie wir sie in der Vergangenheit schon ein paar Mal hatten. z.B. mit Subway To Sally im Colos-Saal, mit Skyclad in Heidelberg oder mit Fiddlers Green in Fulda. Demnächst kommt vielleicht ein Auftritt mit Freedom Call hinzu.
Nach 15 Jahren musst du auch mal sagen: Jetzt ist eine Tour für uns interessant – und wir würden das machen. Wenn wir das entsprechende Angebot bekommen, gehen wir auch mal drei oder vier Wochen auf Tour.
Natürlich spielen wir auch weiterhin in den Jugendzentren – das gehört natürlich dazu – als Basis.
Verlegt wird „The Lonely Dwarf“ wie auch schon der Vorgänger „Myth Or Reality“ vom Label Curzweyhl.
Genau. Dort sind zwar hauptsächlich Mittelalter-Bands wie Faun oder Schelmish unter Vertag und wir fallen da musikalisch etwas aus dem Rahmen, aber thematisch passt es ganz gut. Durch den Vertrieb über Rough Trade wird die CD in Deutschland, Österreich und der Schweiz erhältlich sein.
Und dann hoffentlich auch zahlreich gekauft und nicht gedownloadet wird.
Ja. Die „Myth Or Reality“ wurde im Netz auch hoch gehandelt. Dafür hätten wir bestimmt auch einige CD´s mehr verkaufen können.
Zum Glück legen viele Metal-Fans noch Wert auf den Besitz einer Original-CD mit schönem Cover und Booklet.
Das geht mir ja auch so. Die Bands, die mich interessieren, die kaufe ich mir einfach.
Wobei wir schon am überlegen sind, ob man nicht in Richtung mp3 auch was machen sollte. Also das Album in hoher Qualität zum fairen Preis zum Download anzubieten.
In modernen Zeiten sicher keine falsche Überlegung. Wobei „The Lonely Dwarf“ auch als handfeste Ausgabe einen tollen Eindruck hinterlässt. Davon können sich alle Fans von keltisch-mittelalterlich angehauchtem Metal am 25.07.09 bei der Release-Party selbst überzeugen.
Danke für´s Interview! (mk)
Tags: Minotaurus, The Lonely Dwarf