Noch alle Töpfe im Schrank?

Verfasst am 14. April 2009 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 53.238 views

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Hausbesuch und Interview bei Pothead

Vor 18 Jahren verschlug es zwei Musiker aus Seattle – Brad und Jeff Dope – während einer Europareise nach Berlin. Weil es den Beiden dort so gut gefiel, begannen sie, sesshaft zu werden und die deutsche Hauptstadt fortan als Hauptquartier für ihre Band Pothead zu nutzen. Durch eine Zeitungsanzeige fanden sie 1994 zu ihrem Schlagzeuger Sebastian Meyer, der bis heute die Band komplettiert. Nach dem 1993er-Debüt „USA“ folgten im Jahrestakt sechs wunderbare Alben, bis man sich 2000 nach vielen Querelen mit Vertrieb und Plattenfirmen zur gänzlichen Unabhängigkeit entschied. „Burning Bridges“ war das erste Album des neu gegründeten Labels Janitor Records. Seitdem haben Pothead alle Fäden selbst in der Hand. Angefangen von der Aufnahme übers Booking bis hin zum Layout und Merchandise. Diese gewonnene (künstlerische) Freiheit bedeutet einerseits viel Arbeit, bringt aber andererseits ein perfekt abgestimmtes Gesamtbild zutage, das in dieser Form wahrscheinlich weltweit seinesgleichen sucht. Pothead überzeugen nicht nur durch Musik, sondern auch durch Stil.

2009 wird für die Band ein sehr aktives Jahr. Neue Konzerte stehen vor der Türe und eine neue CD ist in Arbeit. Grund genug für Metal-Aschaffenburg, während einer Sightseeing-Tour durch Berlin einmal bei Janitor zu klingeln.

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Trotz Umbau- und Arbeitsstress empfing uns eine äußerst freundliche und gut gelaunte Siggi (der Kopf im Hintergrund und Managerin in Personalunion) sowie Bassist Jeff Dope.

Der erste Blick im Janitor-Headquarter fällt neben dem Live-Equipment im Flur auf die großen Merch-Regale im Nebenraum. Denn seit der Abnabelung von allen für Bands gängigen Vertriebsstrukturen bieten Pothead allen Fans auf www.Pothead.de nicht nur sämtliche CDs, sondern auch Poster, Caps, Jacken und eine Vielzahl an verschiedenen selbstdesignten Shirts zur Auswahl, die natürlich auch irgendwo gelagert werden wollen. „Wir wollen einfach auch ein gewisses Angebot haben – eine Auswahl“ – so Siggi über die vielen Outfits. „Es gibt mal etwas für den Rocker, mal für den Punk und mal etwas für den ganz Normalen etwas Schlichtes – so dass jeder etwas für sich findet.“

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Metal-Aschaffenburg: Siggi, ihr designt die Shirts selbst, legt viel Wert auf Material und Qualität, bietet die Shirts in vielen verschiedenen Größen und Motiven an und verkauft diese dann auch noch zu normalen Preisen. Andere Bands bieten oft nur ein oder zwei Motive in viel größeren Auflagen an…

Siggi: …und verdienen wahnsinnig viel Geld damit. Ein weißer Druck auf schwarzen T-Shirt ist das preiswerteste, was du machen kannst. Wir haben manchmal Vierfarbdruck – das ist dann halt entsprechend teurer, aber eben eine Mischkalkulation. Wir wollen unsere Preise gern so lassen wie sie sind, denn alles wird immer teurer und wenn du so manch andere Bands siehst, kommst du ja aus dem Staunen nicht mehr raus. Da gibt’s dann gerade mal ein einziges Girlie, nur zwei Männer-Shirts und ’ne Jacke für 60 Euro – das kann doch nicht wahr sein – man hat doch nicht mehr so viel Geld.

Umso schöner, dass Pothead diesem Wahnsinn nicht auch noch verfallen, sondern noch echtes Value for Money bieten.
Eure Shirts sind dann aber auch immer entsprechend limitiert, oder?

Nicht zwingend. Das ist nicht so geplant, das ergibt sich einfach. Beliebte Motive kommen vielleicht irgendwann mal wieder rein. Wie zum Beispiel beim „Grassroots“-Shirt. Ansonsten versuche ich den Leute immer zu erzählen: Wenn dir was gefällt, dann kauf es am besten jetzt, denn nächstes Jahr ist es vielleicht nicht mehr da. Denn man kann nicht einfach zehn Shirts nachbestellen – das müssen dann gleich mehr sein. Da überlegst du schon: jetzt noch mal 50 nachzubestellen oder ist es vielleicht schon passé?

Also besser schnell zugreifen, damit man sich nicht ärgert.

Letztes Mal, die Panhead-Geschichte für die „Rocker“ – die hat sich auch verkauft wie blöde und jetzt sind die Leute traurig, aber das ist nun mal so: Jetzt ist eine andere Jacke dran und irgendwann gibt’s für die Rocker auch mal wieder was.

Schnell ausverkauft war auch die Live-CD „Live in Berlin“.

Ja, die war streng limitiert. Wir machen aber auf jeden Fall noch mal ’ne neue Live. Vom letzten Berlinkonzert, was sehr toll war, haben wir sogar noch Live-Aufnahmen. Jetzt ist aber erst einmal ein neues Studioalbum in Arbeit.

Wie weit ist es denn?

Jeff Dope: Wir haben hier im neuen Studio schon teilweise aufgenommen. Das Schlagzeug auch, dieses aber im alten Studio.

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Werden wir das Album beim Konzert in Aschaffenburg schon kaufen können?

Siggi: Wann es kommt, werden wir sehen. Aschaffenburg ist ja noch ein wenig hin, könnte aber theoretisch möglich sein. Ich will euch aber keine Flöhe ins Ohr setzten. (zu spät – Red.)

Wie wird es denn klingen? Eher hart, eher weich?

Jeff: Mhm…vieles so mittel und dann natürlich ein paar härtere Kracher und ein, zwei melodische Songs.

Steht schon ein Titel oder Artwork fest?

Pottersville“ wird es heißen. Wie es aussieht weiß ich auch schon.

Wie entsteht denn ein Coverartwork bzw. der typische Pothead-Stil?

Wir besprechen die Artworks zusammen und ich setze sie dann um. (Jeff ist gelernter Grafiker – Red.) Oft ist der Entwurf am Anfang sehr voll und wird dann aufs Wesentliche reduziert.

Habt ihr nach über zehn CDs manchmal Angst, euch selbst zu kopieren?

Jeff: Es gibt schon manchmal Songs, die klingen wie ein alter Song…
Siggi: …aber trotzdem wieder anders. Entweder ist der Gesang anders oder die Gitarre. Die Feinheiten machen es aus.

Habt ihr schon mal an Experimente wie z. B. ein Duett gedacht?

Siggi: Das gab es ja schon mal. Zusammen mit Nina von Skew Siskin bei „Run“ auf der „Burning Bridges“.
Jeff: Früher haben wir das schon oft versucht. Es hat aber meistens nicht geklappt und dann haben wir es gelassen. Aber mit Nina war das sehr gut. Sie kann richtig gut singen.

Kann man denn eventuell wieder mit einem Cover rechnen – wie bei dem witzigen „Am Ende Meines Körpers“ (zu finden auf der Ärzte-Tribute-CD „Götterdämmerung“ – Red.)

Jeff: Mhm… vielleicht. Das war bis jetzt das einzige Mal, das jemand gefragt hat. Außerdem hatten wir zu der Zeit das Geld gut gebrauchen können (lacht). Das war echt witzig: Wir hatten zu der Zeit noch keinen Proberaum und alle unsere Studiogeräte in Sebastians Wohnung aufgebaut um „Pot Of Gold“ fertig zu bekommen. Dann kam diese Anfrage und Sebastian hat dann abends diese seltsamen Texte gesungen. Im ganzen Wohnblock hörte man nur seinen Gesang und diese komischen Worte. Und alle stehen am Fenster… (lacht)

Woher kommen eure musikalischen Inspirationen?

Jeff: Ich höre sehr viel alte Sachen – Sachen aus den 60ern, 70ern und 80ern. Beispielsweise Jimi Hendrix, AC/DC, Billy Holiday, Johnny Cash oder The Damned. The Damned sind wirklich gut.

Siggi: Eigentlich alles, was gut war in dieser Zeit…

Jeff: …Und auch Sachen, die nicht so gut waren (lacht). Auch diese ganzen spießigen Hits.

Auch das neue Album werdet ihr dann wieder komplett in Eigenregie vertreiben. Zusammen mit Booking, Management, Design, Website, Shop und allem anderen muss Pothead doch ein Full-Time-Job sein.

Siggi: Janitor besteht aus drei Personen: Jeff, Brad und mir. Sebastian ist sozusagen der „gemietete“ Schlagzeuger, bringt sich aber auch ein. Ich arbeite hier jeden Tag, mache Büroarbeit, Booking und alles andere. Manchmal hast du da schon eine 7-Tage-Woche – und das dann einen Monat lang.

Hört sich ziemlich anstrengend an.

Ja. Wir werden ja auch alle älter, da musst du sowieso ein bisschen aufpassen, was du machen willst, musst ein wenig aufmerksam sein. (lacht)

Besonders beim Touren.

Touren macht Spaß – ist aber auch superanstrengend. Wir hatten schon mal zwei Wochen am Stück – das machen wir aber nie wieder. Du musst ja auch jeden Abend wieder fit sein. Wenn du jemand bist wie Brad, der so intensiv singt – zwei/zweieinhalb Stunden. Das geht zwei Tage und dann ist auch gut. Du willst deinen Körper ja auch nicht überstrapazieren.

Wir wollen ja auch noch lange was von der Band haben. Bekommt ihr eigentlich von irgendwo Support?

Schwierig. Ein kleines bisschen Radio und ab und zu Zeitschriften, z.B. der MetalHammer. Die gesamte Industrie arbeitet ja sehr eng mit bestimmten Magazinen und Radiosendern zusammen. Die ticken halt so, weil die Plattenfirmen den entsprechenden Scheck hinschicken. Das ist alles sehr korrupt. Wir hatten zwischendrin ja auch das „BMG“-Album („Fairground“ – Anm. der Red.). Das lag die ganze Zeit dort in der Schublade und jetzt nach zehn Jahren fallen die Rechte erst zurück an uns. Andere Bands macht das kaputt. Und dann verklagen sie noch Jugendliche, weil sie irgendwas downloaden. Wir wollen keine Songs für 99 Cent anbieten und die Plattenverkäufe sind dadurch auch nicht eingebrochen.

Schön zu hören. Denn solange alles läuft werden wir euch noch oft in Aschaffenburg bewundern können.

Wir sind auch gerne da. Den Colos-Saal mögen wir auch supergerne. Das ist einer von den besten Clubs in ganz Deutschland – auch von der Technik und so. Es ist einfach cool da.
Angefangen hat es in Aschaffenburg mit dem Haus der Jugend und dann dieser Brauerei.

Auf dem ABTown-Festival.

Das war so ein riesiger Saal und eine winzige Bühne. Alles war staubig und hallig, die PA war nicht so toll und die Stimmung auch. Das haben wir als Horror in Erinnerung.

Für mich war dieser Abend ausschlaggebend, mich näher mit Pothead zu beschäftigen.

Echt? Naja – Für die Band ist so etwas vielleicht das Grauen, aber für manche Fans kann so was der „Magic Moment“ überhaupt sein. So wie auf dem Burg-Herzberg-Festival. Nachts um halb vier mussten wir auf die Bühne. Nach Hawkwind und einem riesen Sturm. Es waren gerade mal noch drei- vierhundert Leute da – aber diese Leute waren so dankbar dafür, dass sie so eine geile Band sehen durften. Da ist auch der ein oder andere Fan hinzugekommen.

Siggi, Jeff. Vielen Dank für den tollen Einblick und den freundlichen Empfang. Wir sehen uns in Aschaffenburg!

Hoffen wir, dass auch am 23.05. im Colos-Saal noch mehr Fans dazukommen. Verdient hat es die sympathische Band auf jeden Fall. Kaum eine andere Band steht mit so viel Leidenschaft hinter ihrem Schaffen und legt so viel Herzblut in ihre Musik wie Pothead. Lasst euch das Ereignis nicht entgehen und geht auf das nächstmögliche Konzert!

(lb, mk)

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Die nächsten Möglichkeiten Pothead live zu bewundern sind:
17.04.09 Nürnberg, Hirsch
30.04.09 Stralsund, Eisengießerei
09.05.09 Köln, Live Music Hall
23.05.09 Aschaffenburg, Colos-Saal

www.Pothead.de

Metal-Aschaffenburg bedankt sich herzlichst bei Siggi und Jeff!

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