Metal stays Metal
Verfasst am 11. April 2011 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 3.814 viewsElvenpath im Interview
Seit 2002 stehen Elvenpath für hochklassigen Metal „Made In Frankfurt“. Mit dem inzwischen dritten, selbstbetitelten Album bläst die hessische Formation erneut zum Angriff auf willige Ohren.
Metal-Aschaffenburg unterhielt sich mit Gitarrist Till Oberboßel.
Metal-Aschaffenburg: Hallo Till, zuerst mal Glückwunsch zum neuen Album! Ist wirklich cool geworden! Aber ihr wisst, dass ihr euch das Genre mit einigen Großkalibern teilt. Habt ihr keine Angst, bei den ständigen zu erwartenden Vergleichen den Kürzeren zu ziehen?
Till: Danke für die Blumen. Nein, Angst haben wir da keine. Natürlich werden immer Vergleiche zu bekannteren Bands gezogen, so was ist völlig normal und hilft dem Leser auch bei der groben Orientierung. Und bislang sind die Kritiken überwiegend positiv; teilweise wurde uns auch bescheinigt, dass Bands wie Manowar oder Maiden dieses Niveau nicht mehr erreichen würden. Ob das stimmt, muss natürlich jeder selbst beurteilen, aber grundsätzlich ist das Feedback sehr gut, worüber wir natürlich glücklich sind.
Hat sich denn durch den personellen Wechsel in der Vergangenheit auch hinsichtlich des Entstehungsprozesses der Songs etwas bei Elvenpath verändert?
Nicht wirklich. Elvenpath ist keine Band, die ihre Songs gemeinsam im Proberaum schreibt („War Of Steel“ mal ausgenommen). Ein Song wird bei uns normalerweise von einem Mitglied alleine geschrieben und den anderen vorgestellt; lediglich das Arrangement, d.h. die Ausarbeitung der Feinheiten der einzelnen Instrumente, ist dann Sache jedes einzelnen. Insofern ist die Arbeitsweise gleich geblieben, aber natürlich bedeuten neue Musiker auch neue Einflüsse. So klingen manche Parts anders, als sie mit einem der vorherigen Musiker geklungen hätten, und auch kompositorisch gibt es mitunter andere Herangehensweisen. Aber das Grundgerüst ändert sich nicht.
Kern von „Elvenpath“ ist ja die dreiteilige „Truelogy“ (plus den vier dazugehörigen Metal Suites). War diese von Anfang an als zusammenhängendes Epos geplant? Wie ist dieses Mammut-Teil denn entstanden?
Da muss ich ziemlich weit ausholen, denn die Truelogy ist keineswegs in einem Rutsch entstanden. Im Gegenteil: „Metalwar“ wurde von unserem ehemaligen Gitarristen Michael und mir geschrieben, noch bevor es Elvenpath überhaupt gab. Als wir die Band dann gegründet haben, haben wir den Song auch ins Programm aufgenommen und bereits bei unserem allerersten Gig live gespielt. Er kam riesig an, so dass es seitdem kaum einen Elvenpath-Gig gab, bei welchem er nicht dargeboten wurde. Außerdem haben wir ihn 2003 schon im damaligen Line-Up aufgenommen und auf einem regionalen Sampler veröffentlicht sowie auf unserer Homepage zum Download angeboten.
Eine Fortsetzung war eigentlich nicht geplant, aber 2004 haben wir bei einer Probe mal drauflos gejammt, eins kam zum anderen und daraus wurde dann „War Of Steel“. Da beschlossen wir, eine Trilogie daraus zu machen und legten auch schon „Metalsteel“ als dritten Titel fest. Es dauerte dann aber noch mal Jahre, bis dieser Song tatsächlich geschrieben wurde.
Im Endeffekt waren wir dann unschlüssig, was wir mit diesen drei Songs machen sollten, da sie sich ja doch von unserer üblichen Schiene textlich wie musikalisch unterscheiden. Es gab Überlegungen, sie auf drei Alben zu verteilen oder gesondert als EP zu veröffentlichen, aber im Endeffekt haben wir dann doch beschlossen, den ganzen Schinken auf das neue Album zu packen.
Die anderen sechs Stücke sind übrigens auch aus verschiedenen Epochen der Band. „Guardians Of The Underground“, „Into The Future“ und „For Our Liberty“ sind relativ neu. „Enflaming Demands“ war bereits für das letzte Album vorgesehen, gefiel uns dann aber doch nicht gut genug, wurde noch mal deutlich überarbeitet und erstrahlt jetzt im richtigen Glanz. Und „Cellars Of Doom“ und „Moria“ sind schon relativ alt, wurden aber nie veröffentlicht, obwohl sie qualitativ alles andere als minderwertig sind.
Insofern ist unser neues Album eine Reise durch die Geschichte Elvenpaths, eine Mischung aus alt und neu, und wer uns in all den Jahren ab und zu live gesehen hat, wird manchen Song wieder erkennen. Auch das war ein Grund, das Album einfach „Elvenpath“ zu betiteln.
Habt ihr denn keine Bedenken, dass ihr mit diversen klischeebedienenden Texten schnell den einen oder anderen Hörer abschreckt?
Nein. In erster Linie zählt die Musik, die Texte sind sekundär. Vermutlich werden sich manch einem bei einem Text wie „Metalwar“ die Zehennägel hochrollen, aber dafür bekommen andere dabei die totale Ekstase. Man kann es nicht jedem recht machen, wollen wir auch gar nicht. Wir ziehen unser Ding durch; manchem gefällt es, manchem nicht. Außerdem bewegen sich unsere lyrischen Inhalte ja nicht nur zwischen Eisen und Stahl, auch wenn die auf der neuen Scheibe deutlich repräsentiert sind. Neben den Metalklischees haben wir auch persönliche, politische, sozialkritische oder Fantasytexte. Wir limitieren uns da nicht.
Gemessen am Erfolg von Bands wie jüngst Orden Ogan oder anderen, scheint der – ich nenne ihn mal – „Fantasy Metal“ wieder eine kleine Renaissance zu erleben. Woran liegt das?
Ach, ich messe diesen kleinen Trends innerhalb der Metalszene keine große Bedeutung bei. Mal reden alle von Power Metal, dann vom Doom, dann vom Thrash-Revival – im Endeffekt bekommen diese Stile für kurze Zeit etwas mehr Aufmerksamkeit, aber das einzige Resultat ist, dass die Bands vor 50 statt 20 Leuten spielen. Und all diese Stile waren ja nie weg. Der „Fantasy Metal“, wie du ihn nennst, wurde von vielen Leuten belächelt und durch den Dreck gezogen, hat aber trotzdem alles überlebt; Orden Ogan und viele andere sind schon lange dabei, auch Elvenpath gibt es jetzt schon fast zehn Jahre. Die Medien rücken irgendwas immer mal ins Licht der Aufmerksamkeit und dann wird gleich ein großes Revival herbeigeredet, aber das bewegt sich doch immer in einem sehr überschaubaren Rahmen.
Wie waren denn die Aufnahmen im Kohlekeller?
Wir hatten ja bereits unsere letzte Scheibe im gleichen Studio mit dem gleichen Produzenten aufgenommen, daher wussten wir, was uns erwarten würde. Wir wären auch nicht erneut zum Kohlekeller gegangen, wären wir mit dem letzten Album nicht so zufrieden gewesen. Die Aufnahmen liefen sehr gut – ich kann das Studio nur empfehlen, denn ein derart gutes Preis-Leistungs-Verhältnis findet man nicht leicht. Kai hat es verstanden, das Optimum aus der Band herauszukitzeln, man kann mit ihm gleichermaßen konzentriert wie entspannt arbeiten. Insgesamt haben wir etwas mehr als zwei Wochen aufgenommen und etwa fünf Tage gemischt.
Als großer Skyclad-Fan finde ich es natürlich besonders cool, dass ihr mit den Briten gemeinsam auf Tour wart. Gibt es von dieser Tour vielleicht eine Anekdote zu erzählen?
Das war wirklich eine ebenso großartige wie chaotische Geschichte, haha. Es war unsere erste richtige Tour, und ich war ebenfalls schon vorher großer Skyclad-Fan, daher war das insbesondere für mich sehr cool. Skyclad waren sehr nett zu uns, bewiesen aber auch ihr großes Talent darin, sich das Leben schwer zu machen. Wir waren mit unserem eigenen Kleinbus unterwegs, das war alles problemlos. Skyclad hingegen blieb insgesamt dreimal der Tourbus liegen, zweimal hatten sie außerdem einen kleinen Unfall. Noch dazu waren wir dank gut aufgestockter Vorräte im Bus immer gut genährt, während Skyclad bei jedem Club halbverhungert aus dem Bus stürzten und es kaum erwarten konnten, bis es was zu essen gab, haha.
In Arnhem gingen Skyclad auf die Bühne und warteten gespannt darauf, dass ihr Intro anfing. Und warteten…bis der Mischer zugeben musste, dass er die CD wohl beim vorherigen Gig in Bonn hatte liegenlassen. Entsprechend spielten Skyclad den Rest der Tour ohne Intro.
Der Knüller war dann der letzte Gig der Tour in Merseburg, als Steve Ramsey nach dem Soundcheck eine Gitarre vermisste. Alles Suchen half nichts, und irgendwann hatten wir die Engländer dann auch davon überzeugt, dass wir das Ding nicht im Rahmen eines End-Of-Tour-Gags versteckt hatten. Also ging die Show mit der Ersatzgitarre über die Bühne und Steve war beim Abschied einigermaßen geknickt. Schließlich stellte sich aber heraus, dass die Gitarre noch am vorletzten Auftrittsort lag, wo er sie vergessen hatte…
Und schlussendlich schrieb mir die Merchandiserin noch ein paar Tage später eine E-Mail, in welcher sie eindrucksvoll erzählte, wie sich auf der Heimfahrt die Gepäckklappe des Skyclad-Busses geöffnet hatte, so dass sich die Habseligkeiten fröhlich über die Autobahn verteilten…
Das waren jetzt gleich mehrere Anekdoten, aber die mussten einfach erzählt werden. Also wenn ihr mal eine abenteuerliche Geschichte über Skyclad hört: Sie ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wahr, haha!
Tja – die sympathischen Briten waren für ihr (ungewolltes) Chaos bekannt.
Till, die letzten Worte gehören dir!
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, die Leser dazu aufzufordern, den Underground wieder mehr zu unterstützen. Und damit meine ich nicht, einmal im Jahr zum Keep It True zu fahren und vermeintlich kultigen amerikanischen Bands aus den 80ern nachzuhecheln. Der wahre Underground passiert hier, vor eurer Haustür. Egal wo ihr wohnt, es gibt auch bei euch kleine aber engagierte Bands, die sich in Kneipen und Jugendzentren den Arsch abspielen, ohne auf die einschlägigen Festivals eingeladen zu werden. Unterstützt sie. Geht zu ihren Konzerten, kauft ihre Demos, tragt ihre T-Shirts. Supportet euren lokalen Underground!
Danke für die Unterstützung! Stay Metal!
(mk)
www.Elvenpath.com
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Tags: Elvenpath
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