Genie und Wahnsinn

Verfasst am 25. März 2011 von Michael Klein (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 1.888 views

Devin Townsend Project | Vorband: Aeon Zen

23.03.2011 – Colos Saal, Aschaffenburg

Wenn sich die seltene Möglichkeit bietet, einer Live-Show von Devin Townsend beizuwohnen, dann muss man dieser auch nachkommen. Das haben sich auch die Hundertschaften im Colos-Saal gedacht, die sich an diesem Abend in Aschaffenburg einfanden – auch wenn der Club zu Beginn von Aeon Zen noch recht spärlich gefüllt war.
Das eigentlich einzige Bandmitglied Rich Hinks (Aeon Zen ist sein Solo-Projekt) hat eine illustre Truppe um sich geschart (darunter Keyboarder Vadim Pruzhanov von DragonForce), um der Tour von Townsend ein passendes Vorprogramm zu liefern – was am heutigen abend aber nur bedingt gelingt.
Das elektronische Drumkit von Schlagzeuger Steve Burton sieht nicht nur hässlich aus, sondern klingt auch furchtbar synthethisch – wie auch der gesamte Rest des Sounds. Der Gesang von Andi Kravljaca (Silent Call) ist mit Glättungs- und Echo-Effekten überladen und  die Growls von Mastermind Rich klingen wie von Band eingespielt. Das alles ist ja gut gemeint und meinetwegen auch gut gespielt, aber tut vor allem eines nicht: rocken! Der progressive Rock von Aeon Zen klingt wie in Plastiktüten gewickelt und vorher frisch desinfiziert.
Die witzigen Gesten und die seltsam anmutenden Bangversuche von Kravljaca hinterlassen jedoch mehr Frage- als Ausrufezeichen in den Gesichtern der Anwesenden.
Einem kleinen Kreis der Zuschauer hat der Auftritt aber gut gefallen und so gelangt die Truppe zum Ende auch zu anerkennendem Applaus.

p1050927In der Umbaupause beliefert Ziltoid die Fans mit eingespieltem Radioprogramm (Abba, Bee Gees & Co.), bis er (als Intro fungierend) auch visuell auf den beiden rechts und links auf der Bühne platzierten Leinwänden mit lockeren Sprüchen und dem Vengaboys-Track „We Like To Party (The Vengabus)“ den Anheizer mimt und Devin himself den Weg ebnet.
Dieser steigt mit „Addicted“ in sein knapp 90-minütiges Set ein, das von „Ocean Machine: Biomech“ bis zum aktuellen Devin Townsend Project alle Schaffensphasen abdeckt. Zusammen mit seinen drei starken Sidekicks wird der kanadische Musiker bei jedem Stück mächtig gefeiert. Bei so großer Spielfreude, wahnwitziger Gestik und Mimik, sowie der stetigen Tuchfühlung mit dem Publikum ist dies aber auch kein Wunder.
Devin ist und bleibt eine der charismatischsten, beeindruckendsten (und humorvollsten – wie so manche Videoprojektionen beweisen) Persönlichkeiten im Heavy-Metal-Universum und zelebriert den Ausdruck „Genie und Wahnsinn“ wie kein anderer.
p1060163Der Sound an diesem Abend ist ebenfalls typisch Devin. Wie auch auf seinen Alben liegen häufig viele Ebenen übereinander und rücken bisweilen sogar die Stimme in den Hintergrund – was nicht jedermann für ideal befindet.
Dafür sind sich alle einig, dass es an Hits wie „Life“, dem schrägen aber fett drückenden „Bad Devil“ oder dem Ziltoid-Kracher „By Your Command“ nichts zu rütteln gibt. Würdiger Schlusspunkt des genialen Konzerts ist die Abschlussparty bei „Bend It Like Bender“, bei dem Devin gleich ein ganzes Dutzend Fans auf die Bühne bittet, um wie Idioten zu tanzen. Genial! (mk)

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