In A’burg And Pieces!
Verfasst am 16. Februar 2011 von Michael Klein (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 3.302 viewsSodom | Vorbands: Die Hard, Cervet
15.02.2011 – Colos-Saal, Aschaffenburg
Der feine Zug von Sodom, an jedem Tourtag eine regionale Band den Abend eröffnen zu lassen, ermöglicht unseren heimischen Thrashern Cervet das Live-Debüt im Colos-Saal. Dass die Nervosität bei dem Quartett um Punkt Acht deutlich höher ausfällt als sonst, versteht sich von alleine und ist auch durchaus spürbar. Doch nachdem der erste Song gespielt ist, fällt diese mehr und mehr ab. Die Truppe findet zu gewohnten Qualitäten und beginnt die anwesende Dreihundertschaft mitzureißen. Der Auftritt leidet zwar unter einem etwas verwaschenen Sound. Aber dafür gibt die Band auf der Bühne noch mehr Gas als sonst und bekommt (nicht nur von den eingefleischten Cervetianern, sondern auch vom Rest der Anwesenden) verdienten Applaus. Als Abschluss der erfolgreichen Mission „Colos-Saal“ gibt es den Klassiker „Season Of The Witch“ in einer besonders flotten, heruntergerotzten Version. Fazit: Cervet haben sich als „Fackelträger für den Olymp des Thrash“ (O-Ton Zappa) alle Ehre erwiesen.
Man spürt förmlich die zweifelnden und skeptischen Blicke der Kuttenträger, als die Schweden von Die Hard mit dunkel geschminkten Augenhöhlen und einem „Hail Satan“-Intro die Bühne betreten. Aber schnell stellt sich heraus, dass die Band weit davon entfernt ist, ernsthaft satanistische Botschaften zu verbreiten. Das kauzige Auftreten des Quartetts lässt viel eher Parallelen zu den drolligen Venom aufkommen, deren Song „Die Hard“ auch gleichzeitig Namensgeber für die Jungs aus Uppsala war.
Musikalisch liefert der Vierer rüden, ungeschliffenen und sehr old-schooligen Thrash in Hellhammer und (wer hätte es gedacht) Venom-Manier. Nummern wie „Emissaries Of The Reaper“, „Fed To The Lions“ oder „Evil Always Return“ können trotz nicht abstreitbarer Qualitäten aber nicht durchgehend überzeugen, weswegen auch nicht so recht Stimmung aufkommen mag. Erst das Venom-Cover „Countess Bathory“ lässt die Anzahl in die Höhe gerissener Teufelshörnchen ansteigen. Trotzdem ein solider Gig der Skandinavier, die sich ja hier auch erst auf ihrer ersten Tour der Bandkarriere befinden.
Auch für Sodom ist es die erste Tour. Die erste Tour mit Neu-Schlagzeuger Markus „Makka“ Freiwald (Ex-Voodoocult, Ex-Despair), der Anfang des Jahres den Hocker von Sympathieträger Bobby Schottkowski übernommen hatte. Doch Makka liefert heute einen mehr als überzeugenden Job ab und beweist, dass er hervorragend ins Bandgefüge passt. Der massive Verspieler vor „Agent Orange“ macht ihn nur noch sympathischer. Auch Tom Angelripper beweist Gespür und lässt viele Grüße und Dank an seinen alten Weggefährten Bobby von der Bühne gehen.
Mit Ruhrpott-Charme und dem Wissen um eine ganze Menge Hits im Gepäck beginnt die Band den Reigen mit dem Titelstück des neuen Albums „In War And Pieces“ und lässt im weiteren Verlauf Klassiker („Bombenhagel“, „Wachturm“, „Ausgebombt“), Standards („Outbreak Of Evil“, „Remember The Fallen“, „The Saw Is the Law“) und seltene Perlen wie „Nuclear Winter“ folgen, die von den Fans allesamt amtlich gefeiert werden. Das ist bei der Masse an Gassenhauern ja selbstverständlich. Doch auch die Reaktionen auf verhältnismäßig neue Songs wie beispielsweise „City Of God“ „M-16“ oder „Napalm In The Morning“ fallen keinen Deut schlechter aus. Was ich in diesem Zusammenhang aber nicht verstehe: Wenn man ein so starkes, neues Album im Gepäck hat (unter dessen Motto man sogar tourt), warum spielt man dann nur zwei Stücke davon? („In War And Pieces“, „The Art Of Killing Poetry“). Hier wäre etwas mehr Mut sicher angebracht gewesen – Nummer sicher kann jeder! Das Trio beweist aber eindeutig, dass es noch lange nicht zum alten Eisen gehört, sondern locker mit den aufstrebenden Band mithalten kann und entlässt die Fans erst nach knapp zwei Stunden ins Freie. Da können sich viele junge Weicheier-Möchtegern-Rocker mit ihren 50-Minuten-Sets noch eine Scheibe abschneiden. Hat Spaß gemacht! (mk)
Hinterlasse eine Antwort