Reinkarnation einer Legende
Verfasst am 05. November 2010 von Mathias Anthes (Kategorie: Interviews) — 2.898 viewsInhaber Patrick spricht mit uns über seine Kult-Kneipe
1987 war ein gutes Jahr für die Welt. Nicht nur, weil ich in diesem Jahr geboren worden bin, sondern auch, weil in Frankfurt am Main das Speak-Easy zum ersten mal seine Pforten öffnete. Doch 22 Jahre später kam die Schreckensnachricht: Das Easy ist pleite und muss schließen. Stammkunde und DJ Patrick ergriff die Initiative und rettete das sinkende Schiff. Für Metal-Aschaffenburg Grund genug, den Retter in der Not persönlich zu treffen.
Metal-Aschaffenburg: Fangen wir ganz vorne an: Wie kamst du ursprünglich in die Metal-Szene?
Patrick: Sowas ergibt sich einfach. Du kaufst dir deine ersten Schallplatten, entdeckst dabei deine Vorliebe dafür, triffst Leute, die die gleiche Musik hören, gehst auf dein erstes Konzert, da war Papa noch dabei, weil ich gerade mal 12 war und dann nimmt das seinen Lauf. Mein Vater hat früher auch viel Hard Rock gehört, Black Sabbath etc., und so habe ich das für mich entdeckt.
Also auch deine Eltern haben dich beeinflusst?
Ja, kann man so sagen. Mein Vater hat sich mal ’ne Platte von ZZ Top geholt, fand ich ganz toll mit dem Totenkopf drauf und das hat mich ein bisschen geschockt, also wollte ich wissen, was das für Musik ist. Dann ging’s halt weiter mit Maiden oder sowas, mit 8-9 Jahren ist das eben noch was Interessantes. Dann gibt man sein erstes Taschengeld dafür aus; in der Schule wird man von den Jüngeren noch etwas gehänselt, wie man den rumläuft und so, aber dann kommen die Älteren auf dich zu, die die gleiche Musik hören und das eine ergibt das andere.
Wie bist du dann auf das Speak-Easy aufmerksam geworden?
Das hatte sich damals rumgesprochen, dass ein Heavy-Metal-Schuppen in Sachsenhausen aufgemacht hat, das war 1989, damals war ich noch 14, da bin ich aber noch nicht hingegangen. Das erste Mal definitiv hier gewesen war ich 1994.
Wie bist du an deinen Posten als DJ gekommen?
Der Jürgen (der ehemalige Besitzer, Anm. d. Red.) hatte mich darauf angesprochen, das war um 2006 rum. Er meinte, dass ein Platz frei wäre und ob ich mich nicht mal versuchen wollte. Beziehungsweise, es war vorher schon mal im Gespräch gewesen, im Sommer 2000, damals hatte ich die Sache aber noch nicht ernst genug genommen, so dass sich das dann im Sande verlaufen hatte.
Wie war deine Reaktion, als du gehört hast, dass das Easy pleite ist?
Das war sehr überraschend. Ich hatte das im ersten Moment gar nicht richtig wahrnehmen können. Es war für mich quasi unvorstellbar, ich konnte das nicht richtig glauben. Für mich galt, so lange die Tür nicht verschlossen bleibt, so lange der Tag nicht gekommen ist, ist es auch nicht so. Und dann hat man sich eben Gedanken gemacht, was man da tun kann.
Was hat dich auf die Idee gebracht, den Laden zu übernehmen?
Das war die einzige Antwort gewesen. Ansonsten hätte der Laden definitiv zugemacht und es wäre was anderes reingekommen. Ich hatte Rückhalt von meiner Familie bekommen, vor allem von meinem Vater. Ich hatte ihm erzählt, dass der Laden nach 22 Jahren zumachen muss und da hat er mir in den Arsch getreten und gesagt, ich solle den Laden weitermachen. Das ist natürlich so leicht gesagt, schon früher haben viele Leute gesagt „Wenn der Laden mal zumacht, dann übernehme ich den!“, doch wenn sowas dann tatsächlich zur Debatte steht, sieht die Sache ganz anders aus. Nur dadurch, dass ich wirklichen Rückhalt hatte und mir jemand sagte „Mach’s, ich zeige dir, wie man es machen kann“, dann ist das eine große Stärkung. Dann ging eben alles seinen Gang. Einfach ist es natürlich nicht, aber wenn man es will, kann man es schaffen.
Ich hatte 10 Jahre als Mediengestalter gearbeitet, doch als es hieß, der Laden muss gerettet werden, da stand das für mich einfach außer Frage. Wenn ich nur diese eine Möglichkeit habe, den Laden zu retten, dann mache ich das. Da habe ich auch nicht weiter drüber nachgedacht, was mit meinem alten Job wird. Bei dem Wertbegriff, was das Easy für mich darstellt, hat es da auch keine Zweifel gegeben. Ich hatte zwar früher nie hinter der Theke gestanden, aber ich dachte mir „Okay, jetzt probierste was Neues aus, also, tu’s einfach.“.
Hattest du schon damals Ideen, wie du es verhindert kannst, dass das Easy unter deiner Führung erneut pleite geht?
Ich finde, das Easy ist perfekt, so wie es ist. Das Einzige, was man machen muss, ist, die Leute beizuschaffen. Du musst die Leute begeistern, wieder unter ihre eigenen Leute zu gehen, sie einfach animieren und ihnen beibringen, dass es den Laden immer noch gibt. Natürlich musste mal renoviert und durchgeputzt werden, aber dass das gemacht wurde, war selbstverständlich. Ich habe im Großen und Ganzen nicht viel verändert, sondern das Ganze im klassischen Sinne gehalten, wie es vorher auch war und nur versucht, neue Leute zu werben.
Am 16. Oktober war die „Resurrection“-Party, die erste Jährung der rettenden Übernahme und es hieß, das erste Jahr wäre locker rum – wir müssen also vorerst nicht mit einer erneuten Schließung rechnen?
Bis jetzt nicht, vor allem von meiner Seite aus. Klar, auf einmal zum Wirt geworden zu sein ist ein hartes Leben, aber ich habe nicht vor, in der nächsten Zeit etwas anderes zu machen. Ich fühle mich dem Speak-Easy und meinen Leuten verpflichtet.
Auch finanziell müssen wir uns keine Sorgen machen?
Es ist immer ein Auf und Ab. Man muss für seinen Lebensstil auch mal was aufbringen. Ich lebe für den Laden, aber mehr will ich nicht, mehr brauche ich nicht. Ich brauche keinen Luxus, ich brauche den Laden, ich brauche Heavy Metal und ich brauche meine Leute hier – und das ist für mich das Wichtigste. Und das funktioniert im Moment und so soll es auch weiter bleiben.
Wessen Idee war der „Schrein“ für Jürgen?
Das war meine Idee. Ich hätte auch gerne noch mehr gemacht, aber das war jetzt erstmal das Wichtigste, die Erinnerungsstücke aufzubahren und die Erinnerung wach zu halten, denn man darf nicht vergessen: Jürgen hat den Laden ins Leben gerufen und das ganze erschaffen – das darf wirklich nie vergessen werden, denn er hat damit was Großartiges für die Szene geleistet!
Du willst also nichts verändern, auch wenn du könntest? Zum Beispiel Platz für Live-Auftritte?
Wenn ich könnte, würde ich hier einen Hubschrauberlandeplatz bauen! Nee, ich denke, es ist in Ordnung, so wie es ist. Momentan würde ich nichts verändern. Wichtig ist, dass der Laden sauber bleibt und alles instand gehalten wird. Wenn ich mal neue Ideen habe, dann würde ich die auch gerne umsetzen, aber momentan ist alles wunderbar, so wie es ist.
Welche Bands würdest du gerne mal im Easy bewirten dürfen?
Peter Steele. Das wäre jemand gewesen, der mich sehr interessiert hätte, sowohl menschlich als auch als Musiker. Peter Steele und Type 0 Negative waren Dinge, die mich musikalisch immer sehr angesprochen hatten.
Patrick, vielen Dank für das Interview!
(ma)
Tags: Speak-Easy
Hinterlasse eine Antwort