Die neue Nummer 1?

Verfasst am 10. August 2010 von Mathias Anthes (Kategorie: Festival-Rezensionen) — 3.453 views

Eisenwahn 2010

30.-31.07.2010 – Ludwig-Zeller-Ring, Obersinn

2007 fand das Up From The Ground leider zum letzten Mal statt, seitdem bin ich auf der Suche nach einem neuen kleinen Festival, das den Platz des UFTG als mein Lieblingsfestival übernimmt. Große Erwartungen habe ich in das Eisenwahn gelegt, welches mit rund 2000 Besuchern die ideale Größe hat.

Von Frankfurt am Main aus brauchten wir bloß eine Stunde bis nach Obersinn, die Anfahrtszeit ist damit fast gleich wie die zum UFTG. Vor Ort wurden wir freundlich empfangen und schnell abgefertigt, sodass wir gleich auf den noch fast leeren Campingplatz kamen. Dieser war umgeben von Wiesen, auf denen Kühe und Schafe die einzigen Nachbarn sind. Die Sanitäranlagen bestanden nur aus Dixies, Bezahltoiletten mit Spülung sollte man auf einem derart kleinen Festival aber auch nicht erwarten; am Eingang zum Campingplatz gab es ein Waschbecken mit fließend Wasser.
Das Festivalgelände ist ebenfalls recht klein, was aber ein Pluspunkt ist, da es zur angenehmen Atmosphäre beiträgt. Mein größter und so ziemlich einziger Kritikpunkt ist das Bonsystem an den Buden; es nervt einfach, wenn man sein Geld ständig umtauschen muss. Doch insgesamt machte das Eisenwahn bisher schonmal einen sehr guten Eindruck, aber wir sind ja nicht nur wegen des netten Ambiente gekommen, sondern vor allem wegen der Musik!

Freitag, 30.07.2010

Dark Age (16:45 – 17:25)
Die erste Band für mich auf dem Eisenwahn waren die Hamburger von Dark Age. Allzu viel war nicht los vor der Bühne, doch das war ihnen egal, sie haben gespielt, als würden hunderte Menschen ihrer Musik lauschen und machten ordentlich Stimmung. Anfangs war der Gesang kaum zu hören, doch das wurde schnell behoben. Die 40 Minuten waren viel zu schnell rum, bei Songs wie „Zero“, „Minus Exitus“, „Zeitgeist -Ghost In A Machine-“ und „10 Steps To Nausea“ verging die Zeit aber auch wie im Flug. Direkt im Anschluss konnte man die Band bei einer Autogrammstunde treffen. Hier zeigte sich mal wieder, wie verbunden die Band mit ihren Fans ist; sie erfüllten jeden Fotowunsch und wirkten dabei sehr glücklich – genau wie die Fans.

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Keyboarder Martin Reichert und seine Band Dark Age haben unter anderem unsere Wohltätigkeitsaktion „Metal mit Herz“ unterstützt – nochmals vielen Dank dafür!

Dew-Scented (20:40 – 21:30)
Am frühen Abend füllte es sich zunehmend vor der Bühne, denn die Thrashtruppe aus dem Norden der Republik lud zum Headbangen ein. Von Anfang bis Ende hatten sie einen klaren und druckvollen Sound, etwas, was selbst die großen Festivals nur selten hinkriegen. Besser konnten sie ihr neues Album „Invocation“ kaum in Szene setzen, die Songs kamen bestens beim Publikum an. Doch nicht nur ihre Musik machte die Band so sympathisch, besonders die Ansagen trugen dazu bei. Ein Pärchen, das abseits der Bühne saß und anscheinend kein Interesse an der Musik hatte, fiel Sänger Leif Jensen besonders ins Auge: „Ihr seid bestimmt Black Metaller, oder?“. Spätestens damit hatte er das gesamte Publikum auf seiner Seite. Gegen Ende fiel die Gitarre von Martin Walczak aus, doch auch diese Panne wurde sehr schnell behoben und der Auftritt ein voller Erfolg.

Grave (22:00 – 23:00)
Die Zuhörerzahl hatte so ziemlich ihr Maximum erreicht, denn die Co-Headliner des ersten Festivalabends waren die schwedischen Death-Ur-Gesteine. Wie erwartet haben Grave keinen Stein auf dem anderen gelassen und durchgehend Vollgas gegeben. Obwohl es eigentlich nicht nötig war, heizte Sänger Ola Lindgren die Schar vor der Bühne immer weiter an, sodass auch der Mosh Pit immer größer wurde. Die ausgelassene Stimmung hielt den gesamten Gig über an und Grave konnten sich mit Sicherheit einige neue Anhänger erspielen.


Samstag, 31.07.2010

Retaliation (17:40 – 18:20)

Eigentlich sollten jetzt die Krefelder von Grind Inc. spielen, doch deren Schlagzeuger hatte sich am Vortag verletzt, sodass Retaliation auf die Eisenwahnbesucher losgelassen wurden. Aufgrund der frühen Spielzeit und der extremen Hitze hatten sich nicht allzu viele Leute vor der Bühne versammelt, doch die, die da waren, bekamen feinsten Death Metal in technisch bester Ausführung. Nicht nur Zeug ihrer Debüt-EP „Enticing“ haben sie gespielt, auch Songs ihres demnächst erscheinenden Albums „Seven“ wurden präsentiert. Die Ansagen des Sängerduos Schwarzkopf/Schlosser wirkten zwar etwas lustlos, doch Schlagzeuger Marc versicherte mir, dass das einfach in ihrer Natur liegt und keine wirkliche Lustlosigkeit widerspiegelt – gut so, denn das Publikum hatte jede Menge Spaß, wieso dann nicht auch die Band?

Japanische Kampfhörspiele (19:30 – 20:10)
„Die Band mit dem kleinen Drumkit und den kleinen Schwänzen“, so stellte Sänger „Bony“ seine Band vor. Mit Songs wie „Zieh die Jacke falschrum an“, „Gekochtes für Tiere“, „Verpackt in Plastik“ und „Verrat am Metal“ verbreiteten sie beste Stimmung auf dem Festivalgelände und legten dabei größte Spielfreude an den Tag. Das Publikum ließ sich davon anstecken und erlebte einen weiteren grandiosen Auftritt der Grinder.

Final Breath (20:40 – 21:30)
Ich hatte bereits mehrere Gelegenheiten, Final Breath live zu sehen und habe sie immer aus irgendwelchen Gründen sausen lassen – was ich nun bereue, denn die ehemaligen Veranstalter des UFTG treffen mit ihrer Death/Thrash-Kombination genau meinen Geschmack. Neben älteren Songs und natürlich auch Stücken ihres aktuellen Albums „Let Me Be Your Tank“ haben sie auch zwei neue Songs vorgestellt, welche auf ihrem neuen Album enthalten sein werden, welches aktuell aufgenommen wird. Die Reaktionen darauf waren absolut positiv und ihr mittlerweile vierter Auftritt auf dem Eisenwahn wurde mit frenetischem Applaus quittiert.

Illdisposed (22:00 – 23:00)
Für mich waren Illdisposed einer der Hauptgründe (neben Dark Age und Dew-Scented), das Eisenwahn zu besuchen. Zwar wirkten sie bei der Autogrammstunde noch sehr desinteressiert und gelangweilt, doch auf der Bühne wirkten sie gleich ganz anders. Besonders Sänger Bo Summer konnte mit den mit Abstand lustigsten Ansagen des Festivals viele Sympathiepunkte bei den Zuhörern sammeln. Allerdings waren sie nicht in voller Besetzung: Schlagzeuger Thomas Jensen war nicht verfügbar und wurde durch Raunchy-Drummer Morten Toft Hansen ersetzt, Bassist Jonas Kloge wurde ersatzlos gestrichen. Erläuterung von „Subwoofer“ Summer dazu: „Er hat seine Freundin schwanger gemacht, wer macht sowas?“. Zu hören gab’s unter anderem „Dark“, „Now We’re History“, „In Search Of Souls“, „Throw Your Bolts“, „Near The Gates“ und „Purity Of Sadness“. Den Reaktionen des Publikums konnte man entnehmen, dass die „schwulen Nutten“ eine der am meisten erwarteten Bands waren und die gestellten Erwartungen mit Leichtigkeit erfüllen konnten. Nach diesem Auftritt kann ich sagen, dass sich das Warten auf die Dänen absolut gelohnt hat.

Fazit: Das Eisenwahn wartet mit sehr viel Gutem und kaum Schlechtem auf und unsere Truppe hatte einen Riesenspaß – damit wäre es doch klar die Nummer 1, oder? Fast, denn einen Wermutstropfen gibt es: Es gehen Gerüchte um, dass dieses Eisenwahn das letzte war. Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, geht die Suche leider weiter. Doch wir sind erstmal optimistisch und freuen uns auf ein weiteres erstklassiges Wochenende in Obersinn! (ma)

Nachtrag: Das Eisenwahn 2011 wird stattfinden!

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