Runter mit den Scheuklappen!
Verfasst am 25. Februar 2010 von Mathias Anthes (Kategorie: Interviews) — 2.797 viewsIm Gepräch mit Deadlock
Eben noch auf der Bühne dem Publikum eingeheizt, ruhen sich Deadlock wohlverdient im Backstagebereich des Colos-Saals aus. Doch Bassist John Gahlert hat sich trotzdem Zeit für uns genommen und gewährte uns einen Einblick hinter die Kulissen der Band.
Metal-Aschaffenburg: John, es war eine super Show!
John Gahlert: Dankeschön! Ja, war super.
Wie war denn die Tour bisher mit Lacuna Coil? Ihr seid ja eine Ecke härter als Lacuna Coil, kommt das live gut an? Wie sind die Reaktionen des Publikums?
Also, alles in allem waren die Shows, die bisher stattgefunden haben, super für uns. Man muss auch bedenken, wir sind nicht nur eine Ecke härter, wir sind ja auch die erste Band, da ist das Publikum noch nicht ganz so warm und so weiter, aber bis Dato wurden wir echt immer gut aufgenommen. Auch das ganze Drumherum, die ganze Organisation, die Leute von MLK kümmern sich super um uns. Es ist alles perfekt organisiert, es ist alles perfekt durchgeplant, da gibt es absolut keinen Trouble. Wir stehen früh mit einem Grinsen auf und gehen nachts mit einem Grinsen ins Bett. In der Vergangenheit haben wir es bei anderen Agenturen erlebt, dass es nicht immer so professionell läuft. Auch die anderen Bands sind super nett, super lieb, auch da gibt’s keinen Trouble.
Also auch hinter der Bühne läuft alles bestens?
Ja, spitze, absolut ohne Abstriche!
Wo habt ihr bisher am liebsten gespielt?
Naja, was heißt am liebsten spielen… Wir hatten ein tolles 2009, als wir das Album („Manifesto“) promoted haben und mit dem With Full Force und dem Summer Breeze hatten wir Festival-Highlights, auf denen man natürlich gerne spielt. Wir waren aber auch auf ein paar Festivals im europäischen Ausland unterwegs, da fällt mir so ’ne Sache in der Ukraine ein, die war super. Wir hatten auch einen Trip nach Japan und Russland gemacht, das war was sehr Interessantes, sowohl vom Land als auch von den Leuten her. Wir sind unwahrscheinlich viel rumgekommen letztes Jahr, und da jetzt ein Highlight rauszuheben… ich glaube, ich sage einfach Aufgrund der Entferunung war das die Japan-Geschichte, das war phänomenal.
Wo würdet ihr gerne spielen, wo ihr bisher noch nicht wart?
Ich glaube, das variiert ganz schön. Wir wollen alle natürlich so oft und so viel spielen wie möglich, wo ist da eher eine sekundäre Kiste. Aber ich glaube, was gerade als Band sehr reizvoll ist, ist Amerika, auch wenn man weiß, dass man es dort etwas schwerer hat als hier in Europa. Was mich ganz persönlich reizt sind Neuseeland und Australien, dort waren unsere Freunde von Heaven Shall Burn erst letztens und auch dort soll es eine super Szene geben und da würde ich gerne mal hin.
Ihr habt in Eurer Musik öfters Elemente anderer Musikrichtung verbaut, wie zum Beispiel Elektro oder Hip Hop – wie kam es dazu? War es nur aus Spaß an der Freude oder wollt Ihr eine Brücke schlagen zwischen den verschiedenen Genres?
Naja, Deadlock spielt jetzt nicht gerade Puristen-Metal und der Basti, unser Gitarrist der die Songs schreibt, lässt sich da gerne mal von solchen Sachen beeinflussen. Wir hatten auf dem letzten Album auch ein Saxophonsolo, was jetzt nicht gerade typisch ist für Melodic Death Metal. Ich glaube, da steckt wohl keinerlei Absicht dahinter. Das einzige Dogma ist, dass es keine Dogmen gibt. Auf dem nächsten Album könnte es ein Drum-’n‘-Bass-Part sein, aber vielleicht auch ein Jazzpart, mal schaun.
Das wäre sehr interessant! Man muss sagen, dass Saxophon kommt sehr gut rüber.
Ja, man glaubt es kaum! Man kann’s zwar live nicht wirklich umsetzen, man hat ja nicht immer einen guten Saxophonisten zur Hand, aber man muss es einfach mal probieren. Man liest in der Presse immer, dass jeder genervt ist, es wäre alles schonmal dagewesen. Aber wenn man mal aus der Art schlägt, dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Die einen finden es klasse und sagen „Ja, warum nicht?“, und die anderen eben nicht. Wir sind jetzt nicht die beinharten Hip Hopper, aber genauso wenig sind wir beinharte Black Metaller. Wir legen uns keinerlei Dogmen auf und stecken uns in keinerlei Schublade, da kommt das eben zustande.
Glaubt ihr, dass durch solche Entwicklungen die Grenzen zwischen den Genres verwischen oder seid ihr eher die Ausnahme?
Es kommen auch ganz andere Bands auf den Plan mit Elektrosounds, wie z.B. Enter Shikari oder ich habe vor einer Woche die noch unveröffentliche Platte von Heaven Shall Burn gehört, da sind auch einige Beatsachen dabei. Aber warum nicht, Grenzen verwischen kann durchaus eine gute Sache sein! Wenn man nicht ab und zu einige Stile in einen Topf wirft und umrührt, wird man musikalisch nicht weiterkommen. Ich finde das gut!
Also sind bei euch weitere „Experimente“ geplant?
Wer weiß, was Sabine und Sebastian beim nächsten Album machen…
Mit wem würdet ihr gerne mal zusammenarbeiten? Gibt es bestimme Musiker, die euch reizen würden?
Also ich stelle mir vor, für eine ruhigen Song einen coolen Sänger für ein Duett mit Sabine zu finden, das wäre für mich eine reizvolle Kiste. Und produzententechnisch gibt’s natürlich einige Namen die da für mich in Frage kämen. Aber Sebastian produziert das alles selbst und die Ergebnisse sprechen für sich, aber es gibt so Leute wie Rick Rubin, die dir den letzten Pinselstreich verpassen, das könnte interessant sein. Aber ich muss sagen, bis Dato gibt’s da keinen Anlass, Basti macht alles sehr, sehr gut. Und für Kooperationen mit anderen Bands fällt mir spontan nichts ein… außer vielleicht Scooter.
Sabine Weniger: Ja, hab‘ ich mir eben auch gedacht!
John: Ja stimmt, die sollten eigentlich auf der „Wolves“ den einen Technopart übernehmen.
Ihr hattet also bereits mit Scooter Kontakt aufgenommen?
Ja, aber das hat sich dann leider zerschlagen, weil die genau an dem Aufnahmetermin einen Videodreh hatten.
Eure Texte sind signifikant anders als bei anderen Melodic-Death-Metal-Bands, wie sind darauf die Reaktionen? Eher positiv, negativ, oder merkt ihr davon kaum was?
Das ist schwer zu sagen, du wirst ja nach einer Show selten auf den Inhalt deiner Texte angesprochen. Der Basti hat ja auch ein, zwei Sachen geschrieben, vielleicht kann der dazu mehr sagen.
Sebastian Reichl: Es gab schon ein bisschen Kritik an der veganen Message, dass das zu offenkundig war. Das ist so 50:50, denn es gibt viele Leute aus der veganen Szene, die das gut finden, genauso gibt es aber auch Leute, die das zu krass finden.
John: Die Leute, die das zu plakativ finden, sind dann vielleicht solche Leute, die Cannibal-Corpse-Texte toll finden, die Geschmäcker sind eben verschieden und gehen teilweise weit auseinander. Aber bisher hat uns keiner von der Bühne geprügelt (lacht).
Was wünscht ihr euch von der Metal-Szene? Gibt es irgendwas, was euch nicht gefällt? Auftreten, Engstirnigkeit?
Ja, generell zum Thema Entwicklung, es ist cool, wie sich das die letzten 6-7 jahre entwickelt hat und dass die Grenzen, auch wie in Amerika, eher fließend sind. Wenn man vor 6 Jahren zu einem Lacuna-Coil-Konzert gegangen wäre, dann hätte man nicht so viele nicht-reine Metaller gesehen. Es ist eine tolle Sache, wenn du von der Bühne guckst und da unten stehen dann Langhaarige, da stehen normale Mädchen, Leute mit Basecaps oder ältere Leute, die mitnicken. Da könnte noch viel mehr passieren.
Sabine: Man braucht aber auch das Publikum dazu. Zum Beispiel auf dem With Full Force war es diesbezüglich total bescheuert.
John: Das ist natürlich auch veranstaltungsspezifisch, wer denn sonst noch spielt. Und Engstirnigkeit, naja, ich glaube, das einzige wo man so manchmal aneckt ist, wenn es um die Ernährung geht. Mir fällt bei uns kein Beispiel ein, aber Maroon wurden auf ihrem Party.San-Auftritt mit Wiener Würstchen beworfen. Klar ist es ein Festival und klar macht man Party, aber man muss da mal die Kirche im Dorf lassen. Leben und leben lassen. Da könnte ich mir durchaus mehr Toleranz vorstellen.
Stimmt, schließlich heißt Festival nicht Hirn ausschalten.
Richtig, aber das scheint vielen abzugehen. Sobald die ihr Festivalbändchen tragen, gehen mit denen die Pferde durch. Aber das ist wohl in jedem Genre so. Ein Bekannter von uns, der für uns immer mal wieder den Sound macht, der macht auch das „Sonne, Mond und Sterne“-Festival oder das Hip Hop Open Air und der sagt, dort ist es genau so. Das sind die Jugendlichen bzw. älteren Jugendlichen, die arbeiten oder zur Schule gehen, und wenn sie dann aufs Festival gehen, wollen die auch mal die Sau rauslassen. Aber auch da muss man ganz klar seine Grenzen kennen.
Korrekt. Ich danke, dass ihr euch Zeit genommen habt!
Ja, gerne!
(ma)
Wer mehr über Deadlock erfahren möchte, sollte sich unbedingt ihre Homepage oder ihre offizielle MySpace-Seite ansehen – es lohnt sich!
Tags: Deadlock
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