Human Entropy
Verfasst am 30. September 2021 von Michael Klein (Kategorie: Interviews, Regionale Bands) — 1.885 viewsEin neuer Komet ist in unserer Region eingeschlagen. Im Krater liegt der massive „Pallasite“. Zeit für eine Untersuchung!
Metal-Aschaffenburg: Hallo! Für diejenigen, die bisher noch nichts von euch gehört haben: Was erwartet einen, wenn man sich eure Songs anhört?
Human Entropy: Die allermeisten werden ja noch nichts von uns gehört haben, da „Pallasite“ unser Debüt ist. Was der Hörer erwarten kann, ist moderner Metalcore/Deathcore. Dabei unternehmen wir bei den einzelnen Songs gerne Ausflüge in andere Subgenres, ohne uns einem davon fest zuschreiben zu lassen. Lyrisch bietet die EP drei englische und drei deutschsprachige Songs.
Ihr habt die EP im Secret Soul Studio aufgenommen. Wird diese denn nur digital erscheinen oder auch physisch?
Wir haben erstmal nur die digitale Veröffentlichung fest eingeplant.
Es ist zwar ein einzigartiges Gefühl, den eigenen Tonträger inkl. schönem Artwork, Booklet und allem, was dazu gehört, anbieten zu können, aber aktuell fokussieren wir uns darauf, unsere Musik möglichst einfach und unabhängig von Auftrittsmöglichkeiten verfügbar zu machen. Vielleicht veröffentlichen wir die EP später auch noch physisch, wer weiß …
Heutzutage hat fast jede Band die Möglichkeit ihre Musik digital hörbar zu machen. Das „Gehörtwerden“ ist aufgrund der riesigen Masse an Musik der deutlich schwierigere Part. Wie kann man da als Band noch auffallen?
Das ist eine Frage, die wir uns auch regelmäßig stellen. Gute Musik zu schreiben und eine ordentliche Produktion zu haben, langt, glaube ich, schon länger nicht mehr. Auch das Drumherum muss stimmen: Social Media, Live Shows, Artwork, Merch, Presse, usw. Wenn das alles stimmig ineinander greift, kann man sich durchaus noch von der Masse abheben. Allerdings muss auch das erlernt werden und wir stehen in dem Bereich an vielen Stellen selbst noch am Anfang. Wir haben aber schon bewusst versucht, uns ein modernes Image zu geben, welches sich etwas abhebt von dem, was man sonst so bei Metalcore-Bands sieht. Ob das immer gelingt ist, eine andere Frage – wir sehen es wie gesagt als Lernprozess.
Will man denn überhaupt auffallen? Oder macht man die Musik einfach für sich selbst und freut sich, wenn sie auch anderen gefällt? Wie ist das bei euch?
An sich entscheidet jedes Mitglied selbst, für wie viel Aufmerksamkeit sich die Investition von Kreativität, Zeit, Geld, Aufwand etc. lohnt. Ich denke, wir sind uns da untereinander sehr einig und haben keine ungesunden Erwartungen. Wir versuchen in erster Linie Spaß an der Musik zu haben, sei es jetzt bei den Aufnahmen bzw. deren Ergebnis oder bei Live-Auftritten.
Spaß macht es aber auf Dauer auch nur, wenn die Sache beständig wächst und da muss man neben der Musik auch im Blick haben, wie man für sich wirbt und von sich Reden macht.
Ein Pallasit ist eine Art Eisen-Meteorit (dessen Struktur vermutlich auch auf dem Artwork zu sehen ist, oder?). Wenn ich Musik und Texte richtig deute, dann steht der Titel der EP aber auch als Synonym für „Einschläge“, die einschneidende Momente im Leben hinterlassen – insbesondere der Tod von geliebten Menschen, richtig?
Erstmal zur Nebenfrage in Klammern: Ja, das hast du scharfsinnig erkannt. „Pallasite“ ist nicht nur der Titel sondern ziert auch das Cover.
Das Artwork der EP inkl. der Vorab-Singles und unseres ersten Shirt Designs stammen bisher alle aus den begabten Händen von Chris Gallagher (MISERYTAKEME). Wir waren von der Zusammenarbeit so begeistert, dass er für dieses Release ein festes Teammitglied wurde.
Bei „Substance“ wird ein Meteoriteneinschlag lyrisch aufgegriffen, von daher ist deine Deutung teilweise richtig. Als ich dazu die Lyrics schrieb, recherchierte ich nach „Alien Material“, weil ich das irgendwie mit dem Song assoziierte und stieß auf den Begriff „Pallasite“.
Optisch habe ich sofort Potenzial für das Cover-Artwork gesehen und konnte auch inhaltlich viel damit verpacken:
Außerdem fand ich es als ein seltenes Meteoritengestein, welches nach seinem Entdecker benannt wurde als Titel für unser erstes „einschlägiges“ Release sehr aussagekräftig.
Der Begriff beschreibt Meteoritengestein, welches aus eisernen und gläsernen Teilen besteht, was allerdings erst bei einem Blick in das Innere sichtbar wird.
So verhält es sich mit den Sprachen auf der EP. Die Tracklist ist komplett auf Englisch verständlich und erst beim Hören merkt man, dass es sich bei der zweiten Hälfte um deutsche Texte handelt.
Was einschneidende Erlebnisse angeht, gab es in meinem Leben keinen konkreten Verlust oder Todesfall zu der Zeit. Die Songs entstanden aber überwiegend während der ersten großen Einschränkungen durch das Coronavirus. Das hatte Einfluss auf die Texte, da es mein Leben auf das Wesentliche reduziert hat: das Leben in einer Beziehung. Da gehört – wenn man es zu Ende denkt – der Tod auch unweigerlich dazu.
In den Texten und Titeln der Songs finden sich viele wiederkehrende Begriffe wie z. B. „Substanz“, „langsamen Herzens“ oder „Vision“, die unterstreichen, dass sechs Stücke inhaltlich zusammengehören. War dieser Verbund denn von Anfang an geplant?
Klar achte ich bei Titeln, Tracklist und Lyrics auf eine gewisse Ästhetik, aber um ehrlich zu sein, war das nur zum Teil so geplant.
Die ersten Songs „Slow Hearts“ und „Cold Fusion“ entstanden unter dem Vorhaben, dass ich gesanglich immer etwas Neues ausprobieren wollte. Bei „Fallen“ hatte ich dazu dann die Idee, mal die Sprache zu wechseln, was sich dann zu einer Trilogie entwickelte. Der letzte Song, den wir für die EP geschrieben haben, war „Monument“. Hier nutzte ich dann die Chance und verbaute alle Songtitel nochmal auf Deutsch, um alle Themen erneut aufzugreifen. Eignet sich auch gut als Easter-Egg für aufmerksame „Nerds“, wie es scheint.
In „Fallen“ singt ihr: „Es ist nicht der Fall, der uns umbringt, sondern der Aufprall ganz zuletzt“ – klingt nicht so, als ob „Pallasite“ ein Happy End hat …?
„Monument“ beginnt wiederum mit den Worten: „Es ist nicht vorbei, wenn unsere letzten Schritte fallen …“ und bei „Vision“ lässt sich der Aufprall/Aufschlag anders deuten als bei „Fallen“.
Die drei deutschsprachigen Songs bilden eine Trilogie mit einigen Querverweisen, bei denen bewusst viel Spielraum für Interpretationen gelassen wurde.
Die Thematiken auf „Pallasite“ sind insgesamt schon ziemlich düster, aber es ist jedem selbst überlassen, seine Schlüsse für ein mögliches Happy End daraus zu ziehen.
Ihr gestaltet eure Songs sehr abwechslungsreich und bettet z. B. Cleangesänge, ruhige Sequenzen oder melodische Basslinien in die Stücke ein. Wie entscheidet ihr, was zum jeweiligen Song passt?
Meistens entstehen die Songs erst einmal bei mir (Lukas) auf dem Laptop. Manchmal gehe ich schon mit einer bestimmten Stimmung an die Sache heran, manchmal ergibt sie sich während des Songwritings. Grundsätzlich war mir aber bei allen Songs wichtig, dass sie beim Hören nicht zu gleichförmig wirken. Zum einen machen mir ruhige Passagen in Songs einfach Spaß, zum anderen glaube ich, dass es sehr schwierig ist, Songs, die immer auf dem gleichen „Energieniveau“ sind, trotzdem spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Für mich jedenfalls sind die kontrastreichen Songs der EP wie „Monument“ am interessantesten. Was Cleangesang oder Basslines angeht – das waren jeweils Ideen von Olli und Robert. Sobald ich mit einem Song in seiner Grundstruktur zufrieden bin, gebe ich ihn weiter an Olli, Robert und Ben, die dann jeweils ihren Senf dazugeben. Ob die Ideen passen und was verworfen wird, entscheiden wir dann zusammen. Der Cleangesang in „Fallen“ hat beispielsweise eher als Experiment begonnen. Erst kurz vor den Aufnahmen wurde klar, wie gut Ben das gesanglich umsetzen kann, was dann sofort beschlossene Sache war.
Wie lasst ihr euch beim Songwriting leiten?
Wir versuchen einfach zu machen, was sich für uns richtig anfühlt und was zur Gesamtheit des Songs passt. Viel davon ist auch einfach Experimentieren, Ausprobieren, Herumbasteln, bis es passt und alle damit leben können.
Was inspiriert euch?
Gitarrentechnisch haben mich Deathcore-Bands wie Thy Art Is Murder oder Whitechapel, progressive Bands bzw. Djent Bands wie Monuments, Tesseract und After The Burial, aber auch Bands der aktuellen Metalcore-Welle wie Loathe, Thornhill, Sleeptoken und Currents inspiriert.
Auf die Texte und den Gesang hatten zu der Zeit Bands wie Misery Signals und Darkest Hour Einfluss. Als Inspiration gelten dabei aber im Allgemeinen auch Ereignisse im Privatleben, Filme, Serien. Je nachdem, was genug zum Denken anregt, um etwas daraus zu ziehen.
„Pallasite“ klingt richtig fett und druckvoll. Da hat Sven wieder großartige Arbeit abgeliefert! Wie war es im Studio?
Das finden wir auch! Da die Aufnahmen alle während der Pandemie gemacht wurden, konnten wir leider nicht alle zusammen im Studio sein (was zugegebenermaßen auch ziemlich eng geworden wäre), sondern haben die Parts in Zweisamkeit aufgenommen. Sven war dabei der angenehme Mensch, der er immer ist und hat das Ganze professionell und zielstrebig mit uns durchgezogen. Wir sind rundum zufrieden mit dem Ergebnis und können es kaum erwarten, uns bald wieder in sein Studio zu quetschen.
Wann kann man euch denn das nächste Mal live sehen?
Am 2.10.2921 spielen wir unsere EP-Release-Show in der Krone in Darmstadt und danach kann man uns am 13.11.2021 in der Open World Rodgau sehen! Wer auf dem Laufenden bleiben will, folgt uns auf Facebook und Instagram!
Vielen Dank für das Interview!
(mk)