Long Distance Calling
Verfasst am 02. Februar 2018 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.258 viewsHeute erscheint „Boundless“ – das neue Album von Long Distance Calling.
Kurz bevor die Jungs auf die dazugehörige Tour gehen, schnappten wir uns Flo und stellten ihm einige Fragen.
Metal-Aschaffenburg: Hi, Flo! Vor einigen Tagen habe ich euch im Vorprogramm von Fates Warning in Aschaffenburg gesehen. Toller Gig, der euch eine Menge neue Fans eingebracht haben dürfte, oder? Ich hatte das Gefühl, dass nicht viele Fans der Prog-Urväter mit LDC bekannt waren…
Flo: Ja, das Gefühl hatten wir auch, aber genau deswegen spielt man ja Support-Shows. Wenn die dann noch gut laufen und alle Spaß haben, ist das die beste Eigenwerbung, die man als Band machen kann. So gewinnt man natürlich viele neue Leute hinzu.
Zum Album: „Boundless“ ist der Hammer geworden! Es klingt in meinen Ohren frisch und befreit. Hat es die „Gesangsphase“ gebraucht, um festzustellen, dass LDC einfach am besten als instrumentale Band funktionieren?
Ja, ich denke, das kann man genau so stehen lassen. Wenn man als Band bereits ein paar Platten gemacht hat, will man natürlich Neues ausprobieren, um nicht zu stagnieren oder sich zu langweilen. Die Gesangsphase war deshalb auch enorm wichtig für uns als Band – um herauszufinden, wer wir sind und wo wir stehen. Wir mussten während dieser Phase eine Festival-Show ohne Gesang spielen und haben gemerkt, wie locker und befreit wir dabei waren. Auch die Leute fanden das ziemlich gut, was ein kleiner Aha-Effekt für uns war. Wir haben dann beschlossen, die neue Platte mit genau diesem Feeling anzugehen und uns vollkommen frei von allem zu machen und quasi ein bisschen unserer Naivität der Anfangstage zurückzugewinnen. Die Songwritingphase hat dann auch unglaublich viel Spaß gemacht und lief genau so, wie wir uns das erhofft hatten.
Sind „The Flood Inside“ und (in Teilen) „Trips“ sozusagen euer „Endorama“, „The Butterfly Effect“ oder „One Second“/„Host“ – ohne die „Boundless“ in dieser Form nicht möglich gewesen wäre?
Ich weiß, worauf du hinaus willst – Diese Alben wurden ja von vielen Fans der Bands nicht akzeptiert, weil sie anders klangen. Ich z. B. fand die „One Second“ sehr geil, die „Host“ hingegen total ätzend! Auch Kreator und Paradise Lost hatten diese Veränderung aber nötig, um einmal alles zu resetten und sich neu zu positionieren als Band. Ich denke, das trifft am meisten auf „Trips“ zu, da es auf der „Flood Inside“ noch nicht so extrem war, die Platte noch nicht so sehr anders klang vom Gesang abgesehen. Mit der „Trips“ sind wir dann noch einen Schritt weiter gegangen. „Boundless“ ist ja so ziemlich das genaue Gegenteil von „Trips“ – das ist ja das Schöne und Spannende an Musik oder kreativer Kunst generell: Man weiß nie, was einen grade antreibt und wohin die Reise geht.
Ihr seid ja auch selbst Musikfans. Habt ihr denn musikalische/stilistische Veränderungen von Bands, die ihr mögt, immer nachvollziehen können?
Ja, absolut. Ich würde mich da als sehr entspannten Fan bezeichnen. Wenn ich Fan einer Band bin, versuche ich alles gut zu finden, egal wie es klingt. Ich versuche mich in alles reinzuhören. Manchmal gelingt das, manchmal nicht. Ich nehme es keiner Band übel, wenn sie mal etwas macht, was mir nicht gefällt. Ich habe manchmal das Gefühl, dass Fans sich persönlich angegriffen fühlen, wenn ihnen das neue Album ihrer Lieblingsband nicht gefällt, was natürlich total dumm ist, denn sie wissen ja nicht, wieso es sich so entwickelt hat. Dann teilweise sogar beleidigend gegenüber dem Künstler zu werden, ist einfach nur dreist – wenn ich es Scheiße finde, höre ich es mir nicht an, kaufe die Platte nicht und gut ist. Dann höre ich die alten Sachen.
„Boundless“ ist euer – wie ich finde – härtestes Album geworden. Wird man mit dem Alter immer wütender?
Ja, man ist mit zunehmendem Alter nicht mehr so cool wie man mal war und der Körper tut weh usw. und das kann einen verdammt wütend machen, haha. Nee, im Ernst – wir hatten einfach Bock auf eine harte Platte, die knallt. Macht halt einfach Spaß zu spielen. Hat sich aufgrund der Herangehensweise auch ein wenig von selber ergeben, da wir sehr spontan und intuitiv vorgegangen sind beim Songwriting.
Richtig klasse sind auch die Bandfotos zu „Boundless“. Endlich mal keine „Band vor Wellblechwand“-Klischees. Die weitläufigen Naturszenarien umschreiben sehr gut, was LDC auch musikalisch ausmacht. Warum gibt es denn eigentlich keine andere Band, die so wie ihr klingt? Was macht euch so einzigartig?
Es war uns sehr wichtig, dass die Promofotos perfekt zur Musik passen. Auf 08/15-Fotos hatten wir noch nie Lust – und was passt da besser als das Schönste, was es gibt – die Natur.
Wenn ich genau wüsste, warum wir anders klingen als andere Bands, würde ich es natürlich nicht verraten. In Wahrheit weiß ich das nicht so genau. Ich denke, dass unser Sound einfach genau die Mischung ist, die dabei raus kommt, wenn alle unsere Geschmäcker in einen Topf geworfen werden. Das wir keinen Gesang hatten, als wir angefangen haben, hat sicherlich auch etwas damit zu tun. Wir mussten aus der Not eine Tugend machen und unsere Schwäche zu unserer Stärke entwickeln. Es ist ein bisschen wie bei Tony Iommy – der hat seine Fingerkuppen verloren und aus dieser Schwäche eine Stärke gemacht und einen Sound entwickelt, der vollkommen einzigartig ist. Niemand spielt so Gitarre wie er.
In Kürze geht ihr auf eure neue Hedaliner-Tour. Eure letzten Headliner-Gigs standen im Zeichen von „An Evening with…“. Mit welchem Konzept geht ihr denn nun auf die Reise?
Wir werden natürlich unser neues Album präsentieren und Songs davon spielen. Der Rest des Sets wird gemischt sein aus Hits, sofern man davon reden kann und Songs, die wir länger nicht gespielt haben. Es wird für jeden etwas dabei sein und mindestens zwei Stunden dauern.
Vielen Dank fürs Interview!
Vielen Dank für die schönen Fragen!!
(mk)
Long Distance Calling auf Tour:
23.02.2018 – Saarbrücken (D), Garage (Club)
24.02.2018 – Laufen (CH), Biomill
28.02.2018 – Hannover (D), Lux
01.03.2018 – Berlin (D), Musik & Frieden
02.03.2018 – Hamburg (D), Indra
03.03.2018 – Kiel (D), Die Pumpe
04.03.2018 – Bremen (D), Tower
05.03.2018 – Köln (D), Gebäude 9
06.03.2018 – Wiesbaden (D), Schlachthof (Kesselhaus)
07.03.2018 – Stuttgart (D), ClubCann
08.03.2018 – München (D), Kranhalle
09.03.2018 – Wien (AT), B72
10.03.2018 – Prag (CZ), Nova Chmelnice
11.03.2018 – Dresden (D), Beatpol
12.03.2018 – Nürnberg (D), Club Stereo
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