Diablo
Verfasst am 22. November 2015 von Mathias Anthes (Kategorie: Interviews) — 2.378 views„Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.“ – Albert Einstein
Genau so verhielt es sich auch mit der Wartezeit auf Diablos aktuelles Album „Silvër Horizon“, denn während die Zeit für die Band recht schnell verging, saß ich auf heißen Kohlen und fürchtete gar, dass sich die Gruppe aufgelöst haben könnte. Doch glücklicherweise sind sie zurück und haben sich zudem für uns etwas Zeit genommen, unter anderem die Hintergründe der langen Pause näher zu beleuchten.
War die Pause von sieben Jahren zwischen „Icaros“ und „Silvër Horizon“ geplant?
Marko Utriainen (Gitarre): Ich kann dir versichern, dass die lange Pause nicht geplant war. Ich habe ziemlich bald nach der Veröffentlichung von „Icaros“ angefangen neue Musik zu schreiben, genau wie Rainer. Doch das neue Album fertigzustellen hat dann doch eine ganze Weile gedauert, denn kleine Kinder großzuziehen, zu arbeiten und ein Haus zu bauen rauben dir auch ein wenig Zeit…
Ich denke, für die Fans fühlte sich die Wartezeit recht lang an, doch für mich gar nicht. Ich nutzte all meine Freizeit, um in meinem Heimstudio bei mir im Keller neue Musik zu schreiben. Außerdem unterscheidet sich der Schreibprozess eines Konzeptalbums sehr von dem, den wir von den älteren Alben gewohnt waren. Wir haben früh entschieden, welche Ideen gut waren und es verdienten weiterentwickelt zu werden, auch die Reihenfolge der Lieder haben wir schon früh festgelegt. In bestimmten Fällen war es nicht mehr als ein starker Riff oder eine Melodie und trotzdem stand fest, dass das eine Lieder Nummer sechs und das andere Lied Nummer neun auf dem Album sein würden. Bei manchen Songs hat es so also noch mehr Zeit und harte Arbeit gebraucht, um die Originalidee zu einem ganzen Lied zu entwickeln.
Habt ihr viel an dem Album verändert oder wäre es genau so geworden, wenn es früher veröffentlicht wäre?
Marko: Nichts hat sich dramatisch geändert. Das Album, genau wie die alten, wurde von uns selbst produziert und nicht von einem externen Produzenten. Ich habe mir teilweise neue Ausrüstung (Synthesizers etc.) zugelegt, so dass es auch noch etwas Zeit in Anspruch nahm, die neuen Geräte kennenzulernen. Das Album wäre ohne die Pause aber definitiv nicht genau so geworden! Als uns klar wurde, dass es länger dauern würde, das Album fertigzustellen, war der Druck weg. Ich bin sehr glücklich, dass ich die Freiheit hatte so lange mit den Melodien und Arrangements experimentieren zu können wie ich wollte, um alles genau so klingen lassen zu können wie ich es wollte. Ohne diese Freiheit hätte das fertige Produkt wohl wesentlich monotoner geklungen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis und denke, dass ich als Arrangeur einen großen Sprung nach vorne gemacht habe. Wenn es kein Konzeptalbum gewesen wäre, hätte ich wohl einige Riffs und Melodien weggelassen, da es so viel Zeit und Arbeit benötigte, sie fertigzustellen.
Werden wir auf das nächste Album wieder so lange warten müssen?
Marko: Ich hoffe nicht! Aber für mich ist „Silvër Horizon“ ganz klar unser bestes Album, wenn wir also ein neues herausbringen sollten, wollen wir definitiv, dass es genau so stark oder gar besser wird – und das kann wieder etwas Zeit in Anspruch nehmen…
„Silvër Horizon“ ist direkt auf Platz 1 der finnischen Charts eingestiegen, habt ihr mit diesem Erfolg gerechnet?
Marko: Nein, direkt auf Platz 1 zu landen hatten wir nicht erwartet. Während dieser langen Pause hat sich viel in der Musikszene geändert. Ich hatte ehrlich gesagt nicht viel erwartet, auch wenn ich wusste, wie stark unser Album sein würde. Wir hatten auch gehört, dass einige große Konkurrenten (Iron Maiden und Amorphis) ihre Alben zur gleichen Zeit veröffentlichen werden. Offensichtlich ist unsere finnische Fanbasis sehr loyal! Es fühlte sich absolut phantastisch an, als ich die Meldung bekam, dass das Album auf Platz 1 steht. All der Schmerz und die harte Arbeit an dem Album waren also nicht umsonst. Es fühlt sich so gut an, jetzt ausverkaufte Shows hier in Finnland zu spielen. Letzten Endes ist es live zu spielen, was am meisten zählt. Zu sehen, wie die Fans in den ersten Reihen mitgrölen ist für mich die ultimative Belohnung.
Glaubt ihr, dass die Finnen Metal gegenüber offener sind als die restlichen Europäer? Schließlich erreichen Metal-Alben sonst nur selten nennenswerte Chartplatzierungen außerhalb Finnlands.
Marko: Ja, die Finnen lieben Metal! Vielleicht kommen deshalb so viele gute Metalbands aus diesem kleinen 5,5-Millionen-Einwohner-Land.
Was war eure Inspiration für die Handlung rund um den in seiner Kapsel im All gestrandeten Kosmonauten?
Rainer Nygård (Gesang, Gitarre): Es ist sogar eine ganze Gruppe in der Kapsel gefangen. Die Idee, ein Sci-Fi-basiertes Konzeptalbum zu machen, hatte ich schon vor langer Zeit, doch erst nachdem ich den Science-Fiction-Roman „Aniara“ von 1956 gelesen habe, nahm das Ganze Gestalt an.
Sind die Szenen des Raketenstarts, der Raumkapsel im All etc., aus dem Video zu „Isloation“ echtes Filmmaterial? Wenn ja, von welchen Missionen stammen sie?
Rainer: Oh ja, das sind sie! Ich habe Vesa-Matti Vainio, der der Regisseur des Videos war, gefragt und er sagte, sie seien aus der Dokumentation „Four In The Cosmos“. Gefilmt wurde sie während der Sojus-Ära in den späten 60ern.
Können wir uns Hoffnungen machen, euch bald wieder live zu sehen (insbesondere hier in Deutschland)?
Marko: Ich hoffe, wir haben bald die Gelegenheit, in Europa zu touren! Unser Ziel ist es auf jeden Fall und natürlich würde Deutschland, mit seiner starken Metal-Kultur, dabei eine große Rolle spielen. Mein Traum ist es, nächstes Jahr auf dem Wacken Open Air zu spielen.
Ihr verdient alle euer Geld mit regulärer Arbeit, doch wenn ihr nur von eurer Musik leben könntet, würdet ihr dies tun oder wollt ihr die Musik lieber ein Hobby sein lassen, um keinerlei Druck zu haben, so dass ihr alles genau so machen könnt wie ihr wollt?
Marko: Das ist eine schwierige Frage! Wäre die Musik meine einzige Einkommensquelle, würde Diablo höchstwahrscheinlich nicht so klingen wie jetzt. Insbesondere wie diese Mal sieben Jahre für ein Album zu brauchen, wäre da Selbstmord. Man weiß nie, wie’s im Leben geht, doch im Moment denke ich, dass die Freiheit, genau so zu komponieren wie man will, das wichtigste ist und das Geld, das wir mit der Musik verdienen, weniger eine Rolle spielt.
Vielen lieben Dank für eure Zeit und für die Musik!
(ma)
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