Weak Aside
Verfasst am 10. April 2015 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.489 viewsWenn man von der neu erstarkten Death-Metal-Szene in Deutschland spricht, dann taucht auch (völlig zu Recht) der Name Weak Aside auf.
Deren neues Album „The Next Offensive“ ist ein aus allen Rohren feuerndes, meisterliches Bollwerk geworden, das Fans von brachialem Todesblei augenblicklich in Verzückung setzen sollte.
Szeneurgestein und Bandkopf Tom Zorn (Ex-Fearer) stand uns Rede und Antwort.
Metal-Aschaffenburg: Hi, Tom! Meine erste Frage: Würde es Weak Aside auch ohne Bolt Thrower und Obituary geben?
Tom Zorn: Definitiv ja! Würdest du die Frage stellen, ob wir uns kurz vor dem Schreiben dieser Scheibe mit diesen zwei besagten Bands beschäftigt haben, muss ich mit nein antworten. Außer vielleicht bei „Bloodstorm“ und „Death Waits“, da hat auf jeden Fall Bolt Thrower Pate gestanden. Aber diese Songs sind auch noch von unserem ersten Release, bei dem es noch andere Vorgaben gab.
Diese beiden Bands sind ohne Frage ein kaum zu überhörender Einfluss. Trotzdem klingt ihr niemals wie ein Abklatsch oder eine billige Kopie. Woran liegt das?
Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir alle schon sehr lang diese Mucke machen und in verschiedenen Bands gespielt haben. Von daher treffen verschiedene Ideen und Geschmäcker aufeinander. Diese Mischung passte wahrscheinlich bei dieser Scheibe extrem gut zusammen.
Du gibst dir viel Mühe, deine Growls vielseitig zu gestalten. Hast du ein bestimmtes Training, mit dem du die verschiedenen „Growl-Stimmen“ in Form hältst und/oder bestimmte Vorlagen, nach denen du dich richtest?
Ich singe seit meinem 8. Lebensjahr (aber nicht von Anfang an Death Metal). Von daher weiß ich, wie ich meine Stimme einzusetzen habe. Anfang der 90er habe ich in einer Death-Metal-Band gespielt, in der wir drei Sänger mit drei verschiedenen Gesangsstilen hatten. Das war absolut spannend und machte riesig Spaß. Als wir uns 1995 trennten, wollte ich gerade dieses Merkmal in meine nächste Band rüberretten. Seitdem versuche ich, so variabel zu singen, wie es irgendwie geht. Wenn ich es so überschlage, kann man auf der neuen Weak Aside an die acht verschiedene Varianten heraushören. Ein spezielles Training gibt es nicht, nur dass ich mindestens dreimal die Woche proben muss, um diese Stimme zu halten.
„Ghostleader“ ist jetzt fünf Jahre alt. Sind denn die ersten Stücke für „The Next Offensive“ schon direkt im Anschluss – also im Zeitraum von 5 Jahren – daran entstanden oder erst später?
Der „Löwenanteil“ dieser Scheibe ist zwischen 2012 und 2013 entstanden, damals noch mit unserem alten Gitarristen Jens, der für die Melodien zuständig war. Nach seinem Weggang hat Luke aber seinen Posten hundertprozentig ausfüllen können und sogar hier und da noch einen draufgepackt. Zusätzlich musst du bedenken, dass wir schon Anfang 2014 die Scheibe aufgenommen haben. Die Verzögerungen haben sich aufgrund des Labelwechsels ergeben, aber wie ich es sehe, hat sich dieser Schritt auf jeden Fall gelohnt.
Death Metal, Kriegsthemen – man könnte euch vorwerfen, gängige Klischees vollends zu bedienen. Das wäre jedoch zu kurz gegriffen, oder wie seht ihr das?
Ich lese schon seit Wochen in Reviews „ihr klingt wie Bolt Thrower“. Na klar bedienen wir auch musikalisch diese Ecke. Wir sind Mucker, die in der Zeit aufgewachsen sind und diese Elemente schon seit 25 Jahren in unserer Musik haben. Das Gleiche gilt für die Texte. Zu dieser Musik passen nun mal keine „Liebesbotschaften“. Es ist eh schon schwer genug, sich aus diesem besagten Sumpf bzw. der Masse an Bands hervorzuheben. Wir glorifizieren in keinster Weise Krieg, was du auch merken wirst, wenn du dir die Texte durchliest. Es ist eher das Gegenteil der Fall. Die Texte beschreiben das Grauen des Krieges und bringen schlichtweg auf den Punkt, wie Scheiße und unnötig kriegerische Handlungen sind. Wir haben uns auch für ein Fantasy-Cover entschieden und keine Fotos von Panzern oder marschierenden Truppen verwendet, um jegliche Effekthascherei auf Kosten von Menschen, die mit kriegerischen Konflikten konfrontiert sind, zu vermeiden. Ich sehe uns eher in der Tradition von Grindcore-Bands, die martialische Texte haben, damit aber auf existierende Begebenheiten aufmerksam machen wollen. Damit meine ich nicht, dass du irgendwelche politischen Botschaften in den Texten findest. Schlussendlich ist der Gesang bei uns ein weiteres Instrument und das Thema passt sehr gut zum Sound unserer Band.
Warum gibt es denn so viele (Death-) Metal-Hörer, die ein Problem damit haben, wenn Bands schlicht und einfach traditionell klingen statt neuartige Sounds, Innovationen & Co. in ihren Sound zu integrieren?
Ist das so? Ich vergleiche den Death Metal immer gern mit dem Verlauf einer „Sinuskurve“. Mal ist diese Richtung mehr angesagt, mal eine andere. Klar wird im Moment viel über den „Old School Death Metal“ gesprochen, weil es zur Zeit viele gute Bands gibt. Das kann sich aber im nächsten Jahr schon wieder ändern (was ich nicht hoffen will). Welche „neuartigen Sounds, Innovationen & Co“ man in den nächsten Jahren im Death Metal hören wird bzw. welche kompatibel sind, wird sich noch herausstellen.
Probleme haben manche Leute auch damit, dass Bands dem Underground entwachsen und damit plötzlich „kommerziell“ werden und nichts mehr taugen. Ganz im Stile von „früher war alles besser“! Morgoth sind hier ein gutes, aktuelles Beispiel. Deren neues Album wird von einigen Old-School-Verfechtern schon aus Prinzip für doof befunden – nur weil es neu ist.
Warum gibt es diese extreme Rückwärtsgewandtheit?
Als Rückwärtsbewegung würde ich es nicht bezeichnen. Ich finde am heutigen Death Metal gerade den Facettenreichtum recht spannend. Du hast auf der einen Seite sehr technische Bands, die sich am Spätwerk von Death oder Cynic orientieren, melodische skandinavische Bands, stumpfe „In-die-Fresse“-Bands wie Jungle Rot, Bands, die groovig sind und sich auch am Hardcore orientieren wie Dying Fetus oder Pyrexia und viele mehr. Dieser Reichtum an völlig unterschiedlich klingenden Bands, die unter dem Banner Death Metal zusammengefasst werden, ist nur durch eine stetige Weiterentwicklung entstanden. Dieses Reinheitsgebot-Gelaber von einigen selbsternannten „Szene-Polizisten“, die einem diktieren wollen, wie der einzig wahre Death Metal zu klingen hat, geht mir ziemlich auf den Kranz und vor allem völlig am Arsch vorbei. Wichtig ist meiner Meinung nach nur, dass man das macht und das hört, worauf man Bock hat und nicht auf einmal nur noch eine Richtung, welche gerade hip zu sein scheint. Ich denke, am Ende wird sich immer nur Qualität durchsetzen.
Davon mal abgesehen ist die neue Scheibe von Morgoth ziemlich cool. Ich war anfangs auch sehr skeptisch. Vielleicht auch, weil ich Anfang der Neunziger nicht der allergrößte Fan von Morgoth war. Das neue Album ist aber wirklich sehr stark. Ich finde es auch beeindruckend, wie großartig Jaggers Vocals sind und wie homogen sie sich in den Sound einfügen, vor allem wenn man bedenkt, wie kurz seine Vorbereitungszeit war.
Finde ich auch! Jagger passt dort perfekt hin. Ich hoffe aber, dass dadurch Disbelief nicht vernachlässigt werden. Die sind nämlich auch mal wieder reif für ein neues Album!
Mit eurem traditionellen Sound und F.D.A. als Label gehört ihr in vielerlei Augen noch zu den „Guten“ – dem derzeit extrem starken, deutschen Death-Metal-Underground.
Gehen euch da kritische Stimmen besonders nah, weil ihr wisst, dass sie nicht vom „Mainstream“ kommen?
Nein, absolut nicht. Kritik bzw. kritische Stimmung kannst du auch positiv nutzen, insofern diese mit Inhalt gefüllt ist. Des weiteren wird mit unserem fortschreitenden Alter, das „Fell“ auch immer dicker.
Zum Schluss nochmal zurück zu „The Next Offensive“: Das Cover fängt den musikalischen Inhalt ziemlich treffend ein. Wie kam es denn zu diesem Artwork?
Im Herbst 2014 besuchte ich Marc in Bremen. Zu diesem Treffen kam dann auch unser langjähriger Kollege Thomas Westphal vom Necromaniac-Zine hinzu. Nach einer halben Flasche Whiskey erzählten wir ihm, dass wir für unsere neue Scheibe (für die der Titel schon feststand) ein Motiv suchten, welches eine Mischung aus Bolt Throwers „Realm Of Chaos“ und Mad Max darstellen sollte. Wir haben uns dann natürlich eine halbe Stunde lang über dieses Thema höllisch bepisst und Beispiele eines jeden maßlos überzogen. Obwohl wir ihm keinen Arbeitsauftrag erteilt hatten, rief Thomas uns zwei Wochen später an und meinte, er hätte mit dem Cover angefangen und würde es uns in den nächsten Woche vorstellen. Da haben wir erstmal dicke Backen gemacht, aber aus dieser Nummer kamen wir jetzt nicht mehr raus. Zum Glück wurde aber alles gut und Thomas hat mit dem Bild den Nagel (der Musik) auf den Kopf getroffen. Für mich ist dieses Cover die beste Arbeit, die Thomas je gemacht hat und ich kenne seine Arbeit schon seit über 17 Jahren.
Vielen Dank für das Interview!
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(mk)
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