Waltari

Verfasst am 17. März 2015 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.400 views

Wie ich in der Review zu Waltaris neuestem Streich „You Are Waltari“ schon schrieb: Mit ihrer unangepassten Art haben die Finnen in ihrer Karriere mehr Grenzen eingerissen und Schranken durchbrochen, als so mancher selbsternannter Progressive Act und dabei gleichzeitig mehr Leuten vor den Kopf gestoßen, als es sich diverse Trveheimer ihr Leben lang wünschen.
Als Fan der (beinahe) ersten Stunde habe ich mich sehr gefreut, Bandkopf Kärtsy endlich mal zum Interview zu zitieren.

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Metal-Aschaffenburg: Hallo Kärtsy! Glückwunsch zu „You Are Waltari“! Ich finde, es ist euer bestes Album seit „Radium Round“!
Die letzten Alben hatten alle ihre Hits, aber die Qualität auf eurer neuesten CD ist fast durchgehend auf Top-Niveau. Warum ist „You Are Waltari“ denn so gut geworden?

Kärtsy: Hi, ich denke, das kannst du als Hörer besser beurteilen! Ich persönlich denke, dass wir gar nicht so viel anders gemacht haben wie die letzten Jahre – aber manchmal kommen dabei nur Hits heraus und manchmal weniger. Man weiß nie, was passiert. Aber das ist ja auch das Faszinierende daran!
Bis jetzt hatte jedes Album seine eigenes „Thema“, seine eigene Idee, die wir als Band formuliert haben. Diesmal war – nach unserem 25. Jubiläum – die Devise: Wir haben doch nichts zu verlieren – also lasst uns wieder verrückt werden und uns um nichts Gedanken machen!

Zwischen „Below Zero“ und „You Are Waltari“ liegen 6 Jahre. Ist diese lange Zeit vielleicht ein Grund, warum die neuen Stücke so gut und reif klingen?

Ich glaube nicht, denn wir alle waren in dieser Zeit ja auch anderweitig beschäftigt, so dass wir in diesem Zeitraum nicht nur für Waltari geschrieben haben. Ich war z. B. mit meinem zweiten Solo-Album „aWay“ beschäftigt. Aber manchmal tut so eine lange Zeit und eine andere Beschäftigung auch gut, um seinen Kopf frei zu bekommen. Das Unterbewusstsein arbeitet ja ohnehin immer! In „Keep It Alive“ singe ich deshalb „You’ll die if you can’t find no time, no time to really recover“.

Waltari_Album_Cover_You-Are-WaltariHalf dir denn die arbeit an deinem (geradlinigeren und poppigerem) Solo-Album dabei, die verrückteren Ideen für Waltari herauszufiltern?

Ja, gut möglich! Meine Idealvorstellung ist, dass sich beide Karrieren gegenseitig nähren. Ich gebe mir Mühe, dass sich beide im übertragenen Sinne wie Sonne und Mond verhalten.

Ich finde auch die Gitarrenarbeit auf „You Are Waltari“ extrem gelungen!

Auf dem Album sind ja auch gleich vier Gitarristen zu hören. Zwei alte und zwei neue – die auch unsere neuen Live-Gitarristen sind. Sie sind einfach alle ziemlich gut!

Und wer von ihnen hatte die Idee zu den extrem heruntergestimmten Riffs in „Not Much To Touch You“?

Haha, ich glaube, diese Idee kam von mir! Ich spiele ja seit ca. sechs Jahren einen 5-Saiten-Bass, auf dem ich auch (von der tiefsten Saite H an) komponiere.

Und wessen Idee war das unglaublich coole „Shuffle-Riff“ von „Drag“?

Haha, danke – das war auch ich!

waltariAuf euren aktuellen Bandfotos sind sieben Musiker zu sehen. Ich stelle es mit schwierig vor, zu siebt gemeinsam zu komponieren. Werft ihr eure Ideen denn gemeinsam in einen Raum oder arbeitet jeder seine Songs erst selbst komplett aus bevor ihr ihn gemeinsam arrangiert?

Das ist tatsächlich von Song zu Song unterschiedlich. Manchmal arbeite ich zuhause an einem Song und fertige dann eine rohe Demo an (z. B. bei „Tranquality“) und manchmal habe ich nur ein Riff oder zwei im Gepäck und wir arbeiten den Rest gemeinsam aus (wie bei „12“). Manchmal improvisieren und schreiben wir auch komplett alles im Proberaum. Bei „HyväoliHyväoli“ haben wir das so gemacht.

Ich gestehe: Ich habe zum Großteil keinerlei Ahnung, was die Texte bedeuten. Kannst du uns einen Hinweis geben, was hinter „12“, „Only The Truth“ und „Singular“ steckt?

12“ behandelt einen finnischen Spruch, der übersetzt etwa „Do you belong to the 12 in a dozen“ heißt – also so viel wie „Bist du ein Sterotyp ohne eigenen Willen, ein John Doe?“ In erster Linie kam die Idee dazu aber weil ich einen Song komponieren wollte, der im Chorus alle 12 Noten einer Oktave beinhaltet. Danach kam mir erst der Spruch in den Sinn und ich schrieb einen Song über John Does.
Singular“ spielt im Jahr 2045 mit dem Gedanken, dass eine künstliche Intelligenz das menschliche Denkvermögen weit überholt hat und die Folgen, die daraus entstehen könnten.
Only The Truth“ kommt von der Frage vor Gericht: „…die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit“. Aber was genau ist denn die Wahrheit? Gibt es nur eine Wahrheit? Es geht darum, dass eine Wahrheit schon bereits von zwei Personen unterschiedlich interpretiert werden kann.

Zu diesem Song habt ihr auch ein witziges Video gedreht. Es sieht aus wie ein Crossover aus Mad Max und einem Robert-Rodriguez-Movie. Dort sieht es so aus, als ob wir die Wahrheit im Alkohol finden können…

Haha! Es gab in Finnland vor einigen Monaten viel Ärger um eine Rum-Marke namens Ron Jeremy. Das finnische Gesundheitsministerium wollte das Etikett des Rums „zensieren“, in dem sie das dort aufgedruckte Gesicht von Ron entfernen. Ziemlich dumm, diese Art von Alkohol-Politik.
Der Regisseur Hannu Aukio wollte zu diesem Thema ein Video drehen, das sich an den 80er-MTV-Videos orientiert. Ein bisschen Lo-Fi und mit großem Augenzwinkern.

Nächstes Jahr werden Waltari 30 Jahre alt. Werdet ihr euren Geburtstag groß feiern?

Wir wissen es noch nicht. Wir werden dies in einigen Wochen besprechen. Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht. Zum 25. Geburtstag hatten wir in Helsinki eine große Party. Mal sehen, was nächstes Jahr wird…

Waltari werden immer Pioniere genannt. Aber es war für euch nicht immer leicht, die Band am Leben zu halten, oder?

Die 90er waren toll für uns! Jeder hatte Geld, um sich CDs zu kaufen und konnte auf Konzerte gehen. Aber seit dem Millennium geht es der Musikindustrie immer schlechter. Und alternative Bands wie uns, Bands, die ihren eigenen Weg gehen, hat es dadurch am härtesten getroffen, weil die großen Labels auf Nummer sicher gingen. Es war schon ein Überlebenskampf zu dieser Zeit.
Aber wie im Leben und in der Natur, konnten sich die Stärksten durchsetzen und die Schwächsten mussten gehen. Wir als Waltari versuchen immer den Kopf über Wasser zu halten und zu den Stärkeren zu gehören. Weißt du, wir haben eine Mission in der Musikwelt für die wir kämpfen und einstehen. Wir wollen, dass die freigeistige Einstellung im Rock überlebt und die Leute dazu animieren frei zu denken!

Danke für das Interview!

(mk)

www.WaltariBand.com
www.Facebook.com/WaltariMusic

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