Minotaurus
Verfasst am 01. August 2013 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews) — 3.617 viewsErlkönig im Gegenwind
Man kann sich nur wiederholen: In Punkto Ausdauer und Durchhaltevermögen macht den Aschaffenburger Barden so schnell niemand etwas vor.
„The Call“, das inklusive Demos und EPs bereits achte Album der Band (so viele Veröffentlichungen kann wohl kaum eine andere Truppe aus unserer Region vorweisen), untermauert diesen Ausnahmestatus und zeigt auf, dass die Truppe den großen Qualitätssprung, den sie mit dem Vorgänger „The Lonely Dwarf“ gemacht haben locker halten, wenn nicht sogar ausbauen kann.
Metal-Aschaffenburg traf sich mit Sänger Oliver Klump, um bei einem Bierchen den Stand der Dinge zu erfragen.
Metal-Aschaffenburg: Hi Olli, zuerst mal Glückwunsch zum neuen Album! Ich finde, die Refrains und Chöre klingen viel besser als bei allen euren letzten Alben. Auch der Gesang hat sich hörbar verbessert. Habt ihr das diesmal forciert?
Oliver Klump: Mir lag es am Herzen, dass diesmal mehr auf die Gesänge geachtet wird. Bisher war das immer eher das Stiefkind der Produktionen. Wir haben ja bisher immer alles selbst bzw. vorfinanziert und damit auch einen zeitlichen Rahmen vorgegeben. In dieser Produktionszeit ist dann oft für den Gesang am Ende nicht mehr so viel Zeit übrig geblieben. Das wollten wir diesmal ändern. Wir wollten zeigen, dass wir in diesem Punkt noch mehr können. Aber auch die Produktion von Rolf Munkes bringt das mit. Er hat das Album wirklich produziert und nicht einfach nur aufgenommen. Er hatte viele gute Ideen. Riesen dank an dieser Stelle! Ohne ihn würde „The Call“ nie so gut klingen!
Für diese Art Musik, die ihr macht, sind dicke, satte Chöre halt wirklich wichtig.
Ja, sonst entsteht einfach kein Pathos. Julia hat sich da auch sehr mit eingebracht und noch im Studio an den Melodien gefeilt. Sie hat halt auch einfach eine geile Stimme.
Auch die Gitarrenarbeit hat sich hörbar verändert. So tolle Leads wie in „Hinterhalt“ und „Chains Of Captivity“ hat man bisher noch nie von euch gehört.
Ja, das war natürlich Absicht. Wir wollen und werden auch in Zukunft unsere Folk-Ideen und verspielten Melodien behalten. Aber wir wollten auch ein eindeutiges Zeichen in die Metal-Ecke geben. Wir sind alle Metal-Fans und wollten zeigen, dass wir es auch krachen lassen können.
Ich finde „The Call“ hat zwei Hälften. Die erste ist eher folkig-ruhig, die zweite härter und ruppiger.
Jein. Die Zusammenstellung war am Ende eine Entscheidung vom Label. Wir hatten eigentlich eine eigene Reihenfolge, haben uns aber der Erfahrung des Labels gebeugt. Gefällt dir die Reihenfolge?
Ich finde es positiv. Ich finde, dass die Platte – den flotten Opener „Free Our Souls“ mal ausgeklammert – einen angenehmen Härteanstieg hat. Mein Lieblingstrack ist eindeutig „Chains Of Captivity“.
Unsere klare Metal-Ansage. Der macht uns auch live viel Spaß!
Ich bin tierisch überrascht, wie gespalten die Rezensenten im Allgemeinen sind. Der Eine sagt zu viel Folk, der Andere sagt zu wenig Folk. Die Meinungen gehen insgesamt 180° auseinander. Aber genau so sind wir halt. Wir machen das im Grunde seit 1994. Jetzt vielleicht etwas ausgefeilter als am Anfang – und wenn das dann halt einigen Leuten nicht gefällt: Na, dann ist das halt so.
Dazu passt das Cover. Gespalten zwischen zwei Welten.
Mit dem Cover sind wir auch superglücklich. Sebastian hat super Arbeit abgeliefert. Obwohl auch da überraschenderweise wieder die Meinungen auseinander gehen.
Also ich kann nur sagen, dass ich sehr zufrieden damit bin.
Absolut. Es ist wirklich mehr als gelungen! Das gilt auch für das Bandfoto und das heiße Foto im Inlay.
Die sind beide beim Videodreh für „Erlkönig“ entstanden. Der Videoclip wird dann noch einige Überraschungen mehr in Petto haben.
Das Inlayfoto ist in einer Drehpause entstanden. Die Mädels die dort zu sehen sind, hatten gerade ein paar Stunden gedreht und Pause gemacht. Das Bild musste dann sein. Schon im Display der Digitalkamera hat man gesehen wie genial das wird!
Ein Hingucker, stimmt!
Julia sieht auf den Bandfotos aber auch zum Verlieben aus…
Ja. Julia ist halt auch wirklich sehr fotogen, da muss ich dir Recht geben.
„Ich akzeptiere die Meinungen derer – und mache trotzdem weiter.“ – Oliver Klump
Ist euch eigentlich bewusst, dass ihr mit dem „Erlkönig“ bei all denjenigen ein Trauma auslöst, die dieses Gedicht in ihrer Schulzeit auswendig lernen mussten?
Das Gedicht ist ein heißes Eisen, stimmt. Der Punkt ist der: Der Text behandelt eine Thematik, über die wir sonst auch oft schreiben. Die Schwierigkeit dabei war, das deutsche Gedicht, das ja wirklich jeder kennt, glaubhaft umzusetzen. Im Proberaum hat das schon ganz gut funktioniert, danach haben wir noch ein bisschen daran rumgewerkelt – aber in erster Linie hatten wir da wirklich Lust drauf.
Vielleicht erreicht man mit so einem Song ja auch mal jemanden, der sonst mit Metal nichts am Hut hat. Übrigens scheiden sich die Geister an diesem Song komischerweise nicht. Selbst die internationale Presse schreibt im Gros: Gelungene Umsetzung.
Auf „The Lonely Dwarf“ hattet ihr Chris Bay von Freedom Call als Gast. Wen habt ihr euch denn diesmal ins Studio eingeladen?
Diesmal wollten wir keine offensichtlichen Gäste. Wir wollten das möglichst komplett selbst machen. Rolf Munkes hat einen kleinen Part mit eingespielt und bei „Wanna Be Your Wife“ im Chorus mitgesungen, weil er die Harmonien gut fand und Lust drauf hatte. Bratsche und Flöte haben wir selbstverständlich nicht gesampelt, sondern live in Studio eingespielt. Regine Brand und Verena Hubert haben da hervorragende Arbeit geleistet.
Wie läuft es denn mit eurem neuen Label Limb?
Wir sind ja erst kurz zusammen, von daher bleibe ich dir eine endgültige Auskunft noch schuldig. Aber: Im Moment bin ich tierisch zufrieden. Sie haben uns in der Anfangsphase sehr geholfen. Auch bei der Promo bin ich positiv überrascht, was sie so machen.
Hat sich euer Line-Up eigentlich endlich mal stabilisiert?
Oh. Das ist ein heißes Thema! Weil es auch ein schwieriges Genre ist. Es hat sich wieder einiges getan. Leider – muss ich sagen. Wir haben vor kurzem einen relativ großen Besetzungswechsel gehabt. Es haben uns drei Leute verlassen. Jeder geht seine Wege – wir sind aber wieder komplett und werden im August den Gig auf dem Stadtfest auf jeden Fall spielen. Viel mehr möchte ich an dieser Stelle aber noch nicht darüber sagen. Wir sind jedenfalls schon wieder fest am Proben.
Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass Minotaurus mal aufhören. Es gibt doch keine Band hier in unserer Region, die so viel Gegenwind bekam und bekommt wie ihr, oder?
Haha, das kann sein. Es gibt mindestens so viele Leute, die uns mögen wie welche, die uns nicht mögen. Das war uns von Anfang an klar. Wenn man damit nicht leben kann, dann ist man im falschen Bereich tätig.
Wir werden an vielen Stellen belächelt. Ich akzeptiere die Meinungen derer – und mache trotzdem weiter, haha.
Es gibt ja – bei allen Spöttern – auch die Seite, denen es wirklich gefällt. Die Leute, die auf die Konzerte kommen, die erkennen, dass wir in Minotaurus unser Herzblut reinstecken.
Ihr habt „Princess Of Destruction“ neu aufgenommen.
Haha. Ja. „Warum?“, stimmt’s?
Genau, haha. Warum?
Wie findest du denn die neue Version?
Sie klingt halt besser und voller.
Also es gab darüber auch bei uns Diskussionen. Die Frage ist immer: Muss man das machen? Die Meinungen auseinander gegangen – ich war sogar anfangs eher dagegen. Wir haben dann gesagt, wir nehmen ihn auf, wenn wir noch Zeit dazu haben. Da er schon in Fleisch und Blut steckt ging das dann auch ganz flott. Die Haupttriebfeder war unser Schlagzeuger Hagen, der den Song einfach geil findet.
Die Frage warum ist aber natürlich berechtigt. Durch die deutlich größere Pressearbeit von Limb kommen aber vielleicht einige neue Hörer dazu, die den Song bisher noch nicht kennen. Im Nachhinein finde ich die Neuaufnahme auch gar nicht mehr so schlecht.
Beim letzten Interview sagtest du: „Jetzt wollen wir es noch mal wissen; wollen noch mal angreifen.“ Das könnte man auch ins hier und jetzt übertragen, oder?
Ja. Du siehst, wir haben das nicht nur so gesagt, sondern wir haben das wirklich so gesehen. Dazu kommt jetzt auch noch die starke Produktion von Rolf Munkes, mit dem ich gern noch mal arbeiten würde. Er war selbst mit so viel Herzblut dabei und hat uns viel geholfen.
Von zwei Seiten Herzblut. Das ist doch eine hervorragende Grundlage. Eigentlich gehört ihr doch auch auf das Titans Of Metal, oder?
Ah, ein interessantes Thema. Du bist nicht der Erste, der mich das fragt, haha.
Ich war ehrlich gesagt schon ein bisschen verwundert, dass uns niemand gefragt hat. Aber ich mache das schon lange genug, um da nicht stinkig zu sein. Ich habe mich halt gewundert – und das war’s auch schon.
Ich denke, dass wir anhand von unseren Outputs, dem kleinen Bekanntheitsgrad und der Zeit, in der es uns schon gibt, schon eine Berechtigung hätten, dort aufzutreten. Ich schätze auch wirklich alle, die dort spielen und bin ja auch selbst hin, haha.
Wir wären auf jeden bereit, wenn es Interesse gibt!
In diesem Sinne! Vielen Dank fürs Interview!
(mk)
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