The Ocean – „Pelagial“
Verfasst am 29. April 2013 von Gringer (Kategorie: CD-Rezensionen) — 2.178 views
Nun ist es endlich soweit. The Ocean werden ihrem Namen gerecht und bringen das thematisch am naheliegendste Konzeptalbum raus – ein Longplayer über den Ozean, das Pelagial. Konzeptionell ist die Idee nicht überraschend und mit „Precambrium“ haben sie ja schon ein ähnliches Mammutwerk umgesetzt. Doch ganz so ist es nicht, da Bandkopf Robin Staps diesmal wirklich eine Linie erzählen will, d. h. der Definition entsprechend von der Wasseroberfläche straight runter zum Meeresgrund. Ohne horizontale Ausbrüche. Die ursprüngliche Idee, das ganze strikt bergab zu vertonen, musste der ambitionierte Bandkopf dann aber wieder verwerfen, weil das einfach zu langweilig geworden wäre. Deswegen hat er sich – lediglich vertikale – Rücktritte erlaubt. Das bedeutet, dass es in gewohnter laut-leise-Manier immer mal wieder knallt und dem Hörer die Aufmerksamkeit fordert. Aber tauchen wir erst noch einmal auf. Dass es instrumentale Versionen der Alben gibt, ist keine Seltenheit, doch war „Pelagial“ von Anfang an auch so geplant. Einfach, weil Robin keine Texte verfassen wollte, die zum Konzept gepasst hätte (wie auch, „Hallo Hr. Hai, wie geht’s ihnen heut‘?“) und da Loic durch das massive Touren starke Stimmprobleme hatte. Es kam aber wie es kommen musste – aufgrund der Tourpause erholte sich Loic entsprechend schnell und man plante als Überraschungseffekt die letzten zwei Songs mit Gesang zu vertonen. Wie das ganze endete ist ja hinlänglich bekannt. Der Tonträger wird nun immer in beiden Versionen zu haben sein. Und das ist auch gut so. Einerseits empfehle ich jedem mit der instrumentalen Version zu starten und diese erstmal zu verstehen und jede einzelne Blubberblase zu hören. Es ist einfach Fakt, dass man oft auf den Gesang fixiert ist und somit viele kleine Nuancen verpasst. Loic ist aber keinesfalls störend, sondern leitet an vielen Stellen einen auch durch den dunklen Ozean.
Die Platte an sich ist äußerst schwer zu fassen. Der große Rahmen, d. h., das wir fröhlich starten und irgendwann dumpf enden ist schnell erhörbar, aber um das Ganze zu erfassen benötigt es doch mind. 30 Durchläufe, aber dann hat man auch was fürs Leben. Abtauchen tun wir noch als fröhliche Meerjungfrauen, die Sonne im Nacken und räkeln uns zwischen allerlei bunten Fischen. Wenn es einen fröhlichen Song in der Bandgeschichte von The Ocean gibt, dann ist es „Into The Uncanny“. Nur, um dann vom ebenso genialen „Impasses“ gefolgt zu werden. Im „Bathyalpelagic II“ bekommt man die letzte Warnung – wenn man jetzt nicht auftaucht, gibt es kein zurück mehr. Spätestens beim absoluten Doublebassgewitter spürst du den Strudel, der dich unablässig nach unten zieht. Diesen Song präferiere ich eindeutlich als instrumentales Stück. Man hat einfach das Gefühl, zu ertrinken, nein, jämmerlich zu ersaufen. Bis hierhin konnte ich die Stufen exakt nachempfinden, ab dann ging es gefühlstechnisch einerseits zu langsam bergab, einerseits gab es zu viele Rückschritte in Form von hellen Gitarren u. Gesänge. Genau diesen Spagat hinzubekommen ist wohl der Knackpunkt. Man kann die Leute nicht einfach nur stur bergab ziehen. So werte ich das Betreten der Stufe „Abyssopelagic I“ einfach als komatöses Dahintreiben. Der Körper befindet sich mehr als 4000 m unter der Meeresoberfläche, dort kann so ein zarter Gesang nicht mehr existieren.
Bewertung: 14/15 Punkte
Genre: Progressive Metal
Herkunft: Deutschland
Label: Metal Blade Records
Veröffentlichungsdatum: 26.04.2013
Homepage: www.TheOceanCollective.com
Tracklist
- Epipelagic
- Mesopelagic Into the Uncanny
- Bathyalpelagic I Impasses
- Bathyalpelagic II The Wish In Dreams
- Bathyalpelagic III Disequillibrate
- Abyssopelagic I Boundless Vasts
- Abyssopelagic II Signals Of Anxiety
- Hadopelagic I Omen Of The Deep
- Hadopelagic II Let Them Believe
- Demersal Cognitive Dissonance
- Benthic The Origin Of Our Wishes
Das findet nur im Kopf statt. Ab jetzt wird alles nur noch bitter, hoffnungslos, dunkel und das ist so perfekt umgesetzt, man muss es halt nur begreifen. So schien mir anfangs alles zu eintönig und langweilig, aber dann merkst du, wie alles dumpfer wird, wie die Stimmen immer weiter weg sind, wie alles schwerer wird. Und dieser Gang wird dir nicht leicht gemacht, immer wenn man denkt, jetzt wird man erlöst und kann einfach dem Druck des Ozeans erliegen, wird das ersehnte Sterben noch herausgezögert, um dann einfach unspektakulär mit einem Gefühl vom absoluten Nichts zu enden. Es ist zugegeben ein sehr anstrengendes Album, aber wenn ich lächeln will, geh‘ ich nun mal nicht in die Tiefe des Ozeans. Für mich das perfekte Konzeptalbum.
Wie erwartet lassen uns The Ocean nicht nur mit der Musik allein, sondern liefern wieder ein Artwork, das alle Rahmen sprengt und diesmal auch einen Film dazu. Von alledem kann ich aber nur schwärmen und Neid empfinden, weil es mir nicht vorliegt und weil The Ocean derart treue Fans haben, dass trotz eines nicht unerheblichen Preises die fünf Kilo schweren LP-Packages schon im Preorder ausverkauft waren. Das spricht Bände. Es zeigt, dass man auch fernab des geraden Weges viele Anhänger findet und die treu mit einem gehen. (lkb)
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