Lacrimosa
Verfasst am 15. Oktober 2012 von Gringer (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 2.022 views13.10.2012 – Essigfabrik, Köln
Nachdem das Wetter tagsüber erstaunlich gut gehalten hat, fing es dann doch kurz vor Einlass an zu regnen. Wer pünktlich kam schaffte es halbwegs trocken, alle anderen sind doch extrem nass geworden. Umso wohliger empfing uns die warme Essigfabrik, von Schmuddelwetterlaune keine Spur. Generell schien das Publikum recht bunt gemischt und die Damen mit einem Kleiderradius von drei Metern blieben die Seltenheit. Optisches Highlight war eher ein holländischer Rockabilly, der jeden Text kannte und abgefeiert hat. Da soll noch mal jemand sagen, die Grufties brodeln vor sich hin. Genauso offen zeigte sich Tilo selbst. Hat er vor Jahren gerade mal ein „Dankeschön, gute Nacht“ über die Lippen gebracht, so erzählt er nun sogar zu einzelnen Songs ganze Geschichten. Überhaupt wirkt Tilo Wolff fröhlich aufgekratzt. Wie ein kleiner Junge, der uns endlich sein neuestes Spielzeug zeigen will.
Da Herr Wolff eine dreistündige Show angepriesen hat, begannen die Fans exakt um 20 Uhr dies auch durch „Lacrimosa!“-Sprechchören zu fordern. Die Band fing auch alsbald an zu spielen und Tilo enterte als Letzter die Bühne. Überraschenderweise mit „Ich bin der brennende Komet“ als Opener. Damit war das erwartete Konzept, dass „Revolution“ komplett am Stück gespielt wird, schon durchbrochen. Spätestens als er das Interlude zu „Feuerzug“ am Piano gespielt hat und anschließend selbigen Song war klar, dass das neue Album auch nicht als Block in der zweiten Hälfte kommt. Das eigentliche Konzept der zwei Sets blieb mir auch verborgen. Die Songsauswahl war sehr gut. Natürlich kann man nach 11 Alben nicht alle befriedigen, aber bei 25 Songs kommt man dem schon nahe. Persönliche Highlights: „Tränen der Sehnsucht“ und „Heute verlasse ich dein Herz“. Das Publikum blieb leider bisher recht verhalten, fast statisch und taute erstmals zu „Irgendein Arsch ist immer unterwegs“ auf.
Die angekündigte Überraschung in der Pause könnte den ein oder anderen enttäuscht haben. Tilo Wolff hat sich nur 10 Minuten Pause gegönnt und anschließend am Merchstand der Fanmeute gestellt. Das wiederum war schon ein Erlebnis für sich, weil ich mich kurzzeitig wie auf einem Take-That-Konzert wähnte. Da wurde gedrückt und geschimpft wie beim Sommerschlussverkauf. Sicher hätten sich einige der Fans auch gefreut, Anne Nurmi in der Pause begrüßen zu dürfen. Ihr Gesang bleibt meines Erachtens weiterhin große Geschmacksache, aber ihre spielerischen Fertigkeiten waren an diesem Abend sehr gut gewesen. Dagegen war das Zusammenspiel von Tilo und Anne etwas eisig, was aber auch professioneller Konzentration geschuldet sein kann. Zumindest im Lied „Am Ende stehen wir zwei“ hätte man sich die beiden ja wenigstens mal ansehen können, wenn sie schon nicht miteinander singen.
Beim Start des zweiten Sets liegt eigentlich der einzige Fehler in der Songauswahl. Hier wäre ein Mid-Tempo-Stück oder ein Kracher besser gewählt gewesen, weil trotz mehrfachem Gong natürlich nicht jeder wieder an seinem Platz war und der Thekenlärm den Zauber des unglaublich genialen und gut gesungenen „Refugium“ leider gebannt hat. Nichtsdestotrotz ging es dann fröhlich weiter und das Publikum schien jetzt auch endlich mal aufzuwachen. Vielleicht hat Herr Wolff das schon öfter erlebt und deswegen so ein riesiges Set gespielt, weil er wusste, dass die deutschen Fans Zeit brauchen, um aus sich herauszugehen?
Spaß haben und abgehen konnte man genug. Die Setlist war voller Hits und von der Band sehr gut gespielt und interpretiert. Der Sound war auch außerordentlich gut, das Klima und die Größe der Essigfabrik waren auch optimal. Letztendlich ein runder Abend mit dem Wermutstropfen des lahmen Publikums. Dies scheint aber Tilo nicht so wahrgenommen zu haben, denn er hat trotz bereits gespielter Zugabe („Feuer“ und „Der Morgen danach“) noch „Copycat“ nachgelegt. Nur in Dresden gab es bisher noch „Halt mich“ obendrauf, ansonsten eher nur die normale Zugabe, ergo sind wir wohl alle glücklich gewesen an dem Abend. (lkb)
Setlist Köln:
Erste Hälfte:
- Ich bin der brennende Komet
- Malina
- Schakal
- Mandira Nabula
- Interlude Feuerzug
- Feuerzug
- Lichtgestalt
- If The World Stands Still For A Day
- Alles Lüge
- Tränen der Sehnsucht
- Allein zu zweit
- Irgendein Arsch ist immer unterwegs
- A Prayer For Your Heart
- Apart
- Stolzes Herz
Zweite Hälfte:
- Refugium
- Ich verlasse heut dein Herz
- Am Ende stehen wir zwei
- Weil du Hilfe brauchst
- Not Every Pain Hurts
- Ohne dich ist alles nichts
- Rote Sinfonie
- Revolution
Zugabe:
- Der Morgen danach
- Feuer
Zugabe 2:
- Copycat
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