Ajana
Verfasst am 12. Oktober 2012 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 3.743 viewsVerfallen
Ajana – Das Projekt der Würzburgerin Luise Markert genießt in unserer Region ja beinahe Exotenstatus. Oder welche ernstzunehmende, aktive Doom/Gothic-Band aus unserer Gegend fällt Euch noch ein? Eben!
Das aktuellste Lebenszeichen von Ajana nennt sich „Home In Decay“, gefällt vor allem durch die konzeptionell passende Schwermut und erinnert – wie wir in der Rezension bereits erwähnten – angenehm an verschiedende 90er-Jahre Bands.
Wir befragten die Musikerin zu ihren Wurzeln und dem Hintergrund dieses spannenden Projekts.
Metal-Aschaffenburg: Hi Luise! Woher hast du denn von Metal-Aschaffenburg gehört?
Luise: Auf Metal-Aschaffenburg bin ich zufällig über den Link zu einem Interview/Review der Würzburger Black-Metal-Band Klamm gestoßen, die ich übrigens wirklich gut finde; tolle Veröffentlichungen und Auftritte. Die Idee, ein regionales Metal-Magazin aufzubauen, finde ich wirklich unterstützenswert.
Wie und wo bist du denn zum ersten Mal mit „Metal“ in Berührung gekommen und was fasziniert sich daran?
Schon als jüngeres Kind fand ich großen Gefallen an Rock, eine Musik, die ich damals noch über bestimmte Radiosender kennenlernte. Ich erinnere mich daran, wie ich vor allem am Abend in meinem Zimmer saß und neue Musik für mich entdeckte. Damals hatte ich keine bestimmte Lieblingsband und hörte neben Musik der 70er oder 80er auch damals aktuelle Künstler aus diesem Bereich, so haben mir beispielsweise auch die Songs von Alanis Morissette aus den 90ern sehr gut gefallen. Später kamen dann immer mehr und härtere Bands hinzu, heute ist mein Musikgeschmack sehr weit gefächert, ich höre von Black, Death, Thrash und Doom Metal, über Klassik, Jazz und experimentellere Künstler, wie Björk, alles, was mir gefällt. Metal symbolisiert für mich Freiheit und Dunkelheit und ist die Musik, mit der ich mich am meisten identifizieren und mich ausdrücken kann. Metal kann sehr intensiv sein und ehrlich, muss aber natürlich nicht. So weiß ich noch genau, wie ich mich beim Hören bestimmter Bands „verstanden“ fühlte, gerade Celtic Frost beziehungsweise heute ihre Nachfolgeband Triptykon haben für mich eine große Bedeutung und sind musikalisch außergewöhnlich.
Wie ist denn Ajana entstanden?
Ajana ist im Juni 2003 als Soloprojekt entstanden. Ich habe schon recht früh angefangen, Instrumente zu lernen und etwas darauf zu improvisieren, habe das aber noch nicht ernsthaft aufgeschrieben. 2003 war dann ein für mich recht hartes Jahr und Musik und Texte schreiben waren für mich die beste Möglichkeit, das zu verarbeiten. Da ich klassischen Instrumentenunterricht hatte und mich auch sehr für Harmonielehre interessiert habe, fiel es mir ziemlich leicht, die ersten eigenen Kompositionen aufzuschreiben. Später habe ich dann ein paar Demos für mich auf Kassette aufgenommen und mich natürlich was das Songschreiben angeht weiterentwickelt.
2010 habe ich dann meine erste EP „Ruins“ aufgenommen, hatte vorher ein paar kleinere Auftritte mit Gastmusikern, die aber technisch leider nur auf einem sehr niedrigen Niveau spielen konnten und 2012 schließlich die Aufnahmen zu „Home In Decay“. Hier war ich für Gesang und Keyboards zuständig und habe wieder mit Gastmusikern zusammengearbeitet. Das älteste Stück auf dem Album ist „Grey“ aus dem Jahre 2007, das jüngste „Homeless“ von 2010. Seit Ende 2010 arbeite ich jedoch auch schon wieder an neuem Material für ein zweites Album, hier feile ich aber noch an Details, aber das hat keine Eile. Musik ist eigentlich ständig in meinem Kopf, natürlich muss man aber auch noch anderen Beschäftigungen nachgehen.
„Home In Decay“ wird in digitaler Form als kostenloser Download (MP3- oder Wave-Format incl. Booklet und Infomaterial) am 09.10.2012 erscheinen. Ich habe mich nach gewisser Zeit für diesen Weg entschieden, da ich nicht auf „Pay To Release“-Angebote bestimmter Labels eingehen wollte. Dieses „Geschäftsmodell“ findet leider in Zeiten sinkender Verkaufszahlen immer größere Verbreitung. Die Downloadlinks und –infos werden dann nochmals auf meiner Homepage und Facebook-Seite zu finden sein.
Du hast sowohl auf der EP „Ruins“ als auch auf „Home In Decay“ mit Gastmusikern gearbeitet. Ist es so schwer, geeignete Leute für eine Band zu finden?
Ja, leider gestaltet es sich in der Tat schwer, geeignete Musiker zu finden, die das Material auf der einen Seite umsetzen können und sich auf der anderen Seite auch damit identifizieren können. Gerade zu Anfangszeiten von Ajana war es praktisch unmöglich, da sich in der nordbadischen Provinz, wo ich damals wohnte, kaum Leute finden ließen, die mit Metal überhaupt etwas anfangen oder Instrumente spielen konnten. Auch in Würzburg ist es leider nicht einfach, obwohl die Stadt natürlich größer ist. Bisher hat sich noch nichts Festes gefunden und es sieht im Moment auch leider nicht danach aus, dass sich das in Kürze ändern könnte. Ich möchte immer das bestmögliche Ergebnis erreichen, das aber leider mit manchen Musikern nicht zu erreichen wäre.
Für „Home In Decay“ habe ich mit zwei wirklich genialen Musikern zusammenarbeiten können, die das Material ohne größere Schwierigkeiten genauso umgesetzt haben, wie ich mir das vorgestellt hatte. Cornelius Heck war für das Schlagzeug zuständig und Simon Schillinger hat die Gitarren und Bass eingespielt. Recording, Mix und Mastering fand in den Iguana Studios bei Freiburg mit Christoph Brandes statt, der für den genialen Sound zuständig war, der ebenfalls genau meinen Vorstellungen entspricht. Der Vorteil an der Arbeit mit guten und erfahrenen Gastmusikern ist, dass man viel schneller und mit weniger Stress und Diskussionen arbeiten kann, als beispielsweise mit Musikern, die über keinerlei Studioerfahrung beziehungsweise weniger technisches Können verfügen, wo sich die Aufnahmen dann endlos in die Länge ziehen können.
Haben sich die Musiker in die Arrangements mit eingebracht oder ist das Material zu 100 % von dir?
Ich habe das Material zunächst einmal komplett im Alleingang komponiert, doch im Studio haben sich hauptsächlich Simon und Cornelius, aber auch Christoph noch bei ein paar Details, wie Drumfills oder ein paar Rhythmusvariationen in der Gitarre, eingebracht, die die Songs noch mal um einiges bereichern. Hier macht sich wieder die Erfahrung der Beteiligten bemerkbar, solch eine Arbeitsweise macht einfach Spaß.
Das Motiv „Verfall“ zieht sich durch beide Werke. Allerdings nicht im destruktiven Sinne von „Zerstörung“, sondern eher im melancholisch-verklärten Sinne von „Veränderung“.
Bist du ein melancholischer Mensch und eine Person, die Stimmungen sehr intensiv (er)lebt?
Ja, ich kann durchaus sagen, dass ich Stimmungen sehr intensiv erlebe und eine Veranlagung zur Melancholie habe, beziehungsweise ein sehr nachdenklicher Mensch bin. Das alles fließt natürlich stark in mein persönliches Schaffen ein, was auch dazu führt, dass meine Musik sehr emotional und persönlich ist, eben sehr intensiv, was mich auch an vielen anderen Veröffentlichungen aus dem Metal-Bereich begeistert.
Das Omega in „HΩME“ lässt vermuten, dass der Verfall endgültig ist. Was genau ist eigentlich mit dem Titel gemeint und wo siehst du das passende Alpha (also den Gegensatz) dazu?
„Home In Decay“ kann man auf zwei verschiede Weisen übersetzen. Einmal mit „Heimat im Verfall/im Verfall begriffen“, was andeutet, dass man seine geistige oder auch räumliche Heimat verloren hat, dass sie an Bedeutung verliert und/oder, dass man sich dort nicht (mehr) wohlfühlt. „Heimat“ ist hier nicht nur als Ort gemeint, an dem man wohnt, sondern auch auf die eigenen Vorstellungen und Werte bezogen, sowie auf das Umfeld. So gehören beispielsweise auch Personen zur „Heimat“ oder zum Umfeld, die man plötzlich nicht mehr wiedererkennt und die somit für einen selbst in gewisser Hinsicht „verfallen“. Von einigen Leuten wird „Heimat“ auch mit dem Aufrechterhalten scheinheiliger und oberflächlicher „Werte“ gleichgesetzt, ihre „Heimat“ wird durch ein Netz an Lügen zusammengehalten; zerreißt das, bricht ihr Leben zusammen und es herrscht Krieg in ihrer ach so heilen Welt. Der Song „Air“ thematisiert das besonders. Man kann den Titel und die Texte vielfältig interpretieren und es findet sicher jeder darin irgendwas, was ihm bekannt vorkommt. Ich habe sie bewusst sehr metaphorisch gehalten, auch wenn ich z. T. sehr konkrete Dinge damit verbinde.
Die andere Übersetzungsmöglichkeit wäre „zu Hause im Verfall“, das heißt, man hat sich mit dieser Bestimmten Situation abgefunden beziehungsweise findet keinen Ausweg heraus. Man ist in einem bestimmten Zustand gefangen und denkt, sich nicht selbst daraus befreien zu können und versucht also, sich damit zu arrangieren.
Der Gegensatz zum von mir beschriebenen Verfall besteht für mich im eigenen Handeln. Auch wenn der Verfall an sich ein endgültiger Zustand ist, kann man selbst einen Neubeginn wagen, Dinge wieder aufbauen oder eine neue Umgebung aufsuchen, ähnlich wie ein Umzug an einen neuen Ort. Es bringt hierbei jedoch nichts, nur auf Hilfe von außen, in welcher Hinsicht auch immer, zu warten, sondern man muss selbst aktiv werden.
Im Artwork habe ich das nach meinen Vorstellungen umgesetzt, symbolisiert durch verfallene Häuser, die ich seit langer Zeit kenne und die mich auf gewisse Weise früher schon begeistert haben und faulende Früchte, ebenfalls im Booklet zu finden.
Der Sound auf „Home In Decay“ erinnert mich ein wenig an den auf The Gatherings „Mandylion“ bzw. der Sound von Ajana allgemein sehr an diverse 90er-Goth/Doom-Alben. Eine bewusste Entscheidung oder zufällige Inspiration?
Mein Sound ist eher indirekt oder zufällig von diesen Bands beeinflusst, da ich in erster Linie eine bestimmte Aussage oder bestimmte Gefühle in Musik ausdrücken will und nicht wie eine bestimmte Band klingen oder unbedingt in die eine oder andere Schublade passen will. Davon abgesehen finde ich aber zum Beispiel The Gathering schon seit langem genial und „Mandylion“ gehört zu meinen Lieblingsalben der Band.
Absolut – das gilt auch für mich!
Gibt es Musik, die dich aktuell inspiriert?
Aktuell gibt es einige Bands aus verschiedenen Bereichen, die ich inspirierend finde, auch wenn sie musikalisch nicht unbedingt mit Ajana zu vergleichen sind. Von den Veröffentlichungen der letzten Jahre wären hier z. B. die eingangs genannten Triptykon zu erwähnen, auch die dieses Jahr erschienenen Alben von Secrets Of The Moon und Maladie finde ich sehr gelungen, da sehr kreativ und eigenständig. Es gibt wirklich viele gute Bands und Alben, die mich inspirieren können, natürlich auch aus den vergangenen Jahren. Allgemein finde ich Bands sehr inspirierend, die schon seit langem ihren eigenen Weg gehen und es dabei immer wieder schaffen, geniale und eigenständige Alben zu schaffen. Außerhalb des Metal-Bereichs ist z. B. Björk für mich eine herausragende Künstlerin.
Vielen Dank für das kleine Interview Luise!
Danke dir für das Interview und Review und die Unterstützung! Alles Gute für euer Magazin!
(mk)
Tags: Ajana
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