Into Darkness
Verfasst am 18. Juli 2012 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.062 viewsDie Seelen-Kauer
Weil die lokale Death-Metal-Szene so wenig hergibt, müssen wir unseren Tellerrand eben ein wenig ausweiten, um an die Leckerlis zu gelangen.
Nachdem wir vor kurzem die Frankfurter Epicedium zum Gespräch baten, werfen wir nun einen Blick nach Heidelberg. Dort ist ebenfalls seit den Neunzigern eine formidable Todesbleimaschine unterwegs. Der Name: Into Darkness!
Metal-Aschaffenburg: Hallo! Obwohl ihr schon seit 1995 unterwegs seid, werden euch nicht allzu viele Leser kennen. Wenn ich euch diesen mit „unverfälschter Death Metal aus Heidelberg“ beschreibe, passt das?
Sebastian („Sebastard“ Längerer, Gitarre/Gegrunze): Nun, deine These ist für eure Gegend sicher zutreffend, wie auch deine Beschreibung „unverfälschter Death Metal aus Heidelberg“. Wir sind eigentlich sogar sehr viel umhergekommen in den letzten 17 (!) Jahren, aber nie in eure Gegend. Wir würden gerne mal was bei euch oder in Würzburg machen an Konzerten bzw. Auftritten. Wir sind dran, also immer her mit Gigs, liebe Veranstalter!
Bis auf ein paar Ausnahmen (Cannibal Corpse, Asphyx & Co.) hat es eigentlich jede Death-Metal-Band schwer, sich einen größeren Namen zu machen. Woran mag das liegen?
Nun, zum einen ganz sicher mal an den Absatzzahlen und auch an der Qualität und dem Image der Musik. Als „Hobby“-Death-Metaler (wie wir sie sind) hat man es sehr leicht sich über Wasser zu halten, wenn man denn einem normalen Job nachgeht, der die Rechnungen zahlt. Daher hinkt hier auch oft die Qualität des Produkts im Vergleich zu Profis, die davon leben müssen (können) und daher andere Leistungen vollbringen (müssen). Daher haben diese meinen allergrößten Respekt. Denn REICH sind die alle sicher nicht, sondern vielmehr „dedicated to the extreme“ und einfach perfekte Musiker! Ich habe das auf Tour mit Misery Index erlebt: Die Jungs müssen von der Musik leben, das ist deren Beruf. Ständig fit sein, neue Songs und Ideen kanalisieren, schreiben, aufnehmen, neue Leute anlernen, Interviews, Clinics, ständiges Umherreisen, Hotels, Couches, Parkbänke, Bars. Mädchen, etc. Und – naja – wer das Level an Outputs und Touren nicht halten kann, der kann auch nicht ganz oben mitspielen, hat also nicht den ganz dicken Namen auf dem Billing. So sehe ich das.
„Dysphoria“ ist euer aktuelles Album. Was kann man denn als Hörer von
diesem erwarten? Beschreibt doch mal kurz wie dieses entstanden ist.
Nun, kurz lässt nur wenig zu, haha. Die Platte wurde schon 2003 zum ersten Mal mit dem damaligen Line Up aufgenommen. Es gab „Ärger“, dann wurde die Platte noch mal bis auf die Drums 2004 neu eingespielt, ewiges Hin und Her bis 2006, als die Platte fertig komplett gestellt war… insgesamt also dreimal eingespielt und dann sechs Jahre auf Eis gelegt. Man war sich nicht sicher, was man damit noch anfangen sollte und 2012 brauchten wir einfach einen Output für die Brasilientour mit Misery Index und Centurian und dann ward sie mal schnell auf den Markt geworfen!
Erwarten kann man: Old School Death Metal floridianischer/schwedischer Machart (Blasts und Melodien aber auch Tschuggahtschuggah-/Frickel-Elemente) ohne Tricks, ehrlich eingespielt. Wir haben weder geschoben, quantisiert, getriggert, ge-reampt oder sonstige Effekte verwendet. Die Platte sollte eine ehrliche, fast schon Live-Atmosphäre einfangen, ganz ohne Schnörkel. Und das im Zeitalter überproduzierter, programmierter Outputs ohne „Seele und Gefühl“. Das mutet manchem Reviewer/Käufer zunächst einmal sehr analog bzw. rustikal an. Man gewöhnt sich aber daran und sieht dem neuem Kram das nächste Mal dann vielleicht etwas kritischer entgegen.
Dysphorie ist eine Störung des emotionalen Erlebens. Man könnte inzwischen ja schon fast behaupten, dass diese Art geistiger Abstumpfung (gefördert durch Medien und Co.) ein Massenphänomen ist. Wie seht ihr das?
Sehr richtig beobachtet, Michael! Genau darauf spielen ja auch der Albumtitel und das passende Artwork von Mike Bohatch (www.EyesOfChaos.com) an. Das Bild heißt „Masticater Of Souls“, der „Seelenkauer“. Und daher musste die Platte auch nicht „maschinell“ sondern „organisch“ klingen. Auch der Titel „Divine Temptation“ spricht thematisch die Dysphorie an.
Um das Album zu promoten wart ihr sogar mit Misery Index (USA) und Centurian (NL) in Brasilien auf Tour. Welche Eindrücke habt ihr dort gesammelt? Gibt es ein paar Anekdoten, die euch zu dieser Tour einfallen?
Nun, eine reine Promo war es ja nicht, denn das Tourangebot kam vor der letztendlichen, verzögerten Plattenreleaseabsicht. Na klar war das der Höhepunkt unserer Schaffensphase! Unzählige Flüge, Flughäfen, Hotels, Fans, ein wunderbares Land, viele neue Freunde! Wir haben es sichtlich genossen und haben natürlich vieles zu berichten. Unser liebstes Konzert war in der Stadt Belém. Dort erwartete uns ein einzigartiges Amazonas-Ambiente mit zahllosen Geiern, Cachaca, unglaublicher Hitze und Luftfeuchtigkeit, Party, geile Bands wie Baixo Calao und Disgrace & Terror (welche beide auch bereits in Deutschland waren und gerade sind), aber auch Armut und ehrliche Dankbarkeit und Gastfreundschaft! Wir haben dort kein Auge zugemacht, denn direkt nach der Show mussten wir nach Porto Alegre weiterfliegen (6 Stunden in den Süden), um dort am nächsten Tag zu spielen, das war ein Erlebnis! Auch dass man erstmal aus Deutschland ankommt und KEINE Instrumente auf dem Förderband in São Paulo stehen… ganz schön blöde war das, haha.
Ihr habt die Bühnen bereits mit immens vielen Bands geteilt. Welche Band ist euch denn besonders (positiv/negativ) in Erinnerung geblieben?
Nun, Pestilence und Hail Of Bullets waren sehr coole Leute! Auch logisch: Misery Index (vor allem Adam Jarvis) oder Nils von Centurian (singt auch bei Prostitute Disfigurement) sind richtige Unterhaltergranaten. Ich bin dankbar um jede weitere Erfahrung der Art. Das fetzt einfach mehr als Spießer-Arpeggio-Gelaber im Backstage, haha. Obwohl mit Hannes Grossmann oder Chris Münzer (beide Obscura, Ex-Necrophagist) mach ich das sehr gerne, hehe.
Danke für das Interview! Und auf bald in unserer Region!
Danke für das Interesse und das Interview. Danke auch an Nasar von Rising Nemesis Records für den Support! Kauft bei ihm unsere CD! Cheers & Metal On!
(mk)
Tags: Dysphoria, Into Darkness
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