Epicedium

Verfasst am 12. Juli 2012 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 3.450 views

Trauer und Tod

Ein „Epikedeion“ war im antiken Griechenland ein Trauergesang, der während der Leichenbestattung gesungen wurde. Klingt nach Schwermut und Kummer?
Mit trübsinnigem Gothic oder melancholischem Düster-Metal hat die Musik der Frankfurter Epicedium aber rein gar nichts zu tun. Der kraftvolle Death Metal taugt eher dazu Löcher in die Friedhofswiese zu sprengen.

Wir unterhielten uns mit der Band über ihr aktuelles Album „Anthropogenic“ – und mehr…
Metal-Aschaffenburg: Hallo! Danke, dass ihr euch die Zeit für dieses kleine Interview nehmt. Habt ihr zuvor schon mal etwas von www.Metal-Aschaffenburg.de gehört?

Rob: Ja, habe die Seite vor ein paar Jahren zufällig im Internet entdeckt!

Auch wenn es nur wenige Kilometer Entfernung sind, haben wir hier von Aschaffenburg nicht immer den besten Einblick in die Frankfurter (Death) Metal-Szene. Wie ist es denn um die Metalheads und die Szene in Mainhattan bestellt?

Rob: Insgesamt ist mein Eindruck, dass Frankfurt eher eine Technostadt ist, was sich auch an der Anzahl der sehr wenigen Metal-Locations wiederspiegelt. Speziell im Death Metal gibt es nicht viele Konzertgänger, obwohl das Live-Angebot reichhaltig ist. Die lebendigste Death-Metal-Szene sah ich bis jetzt in Nordrhein-„Wandalen“, haha.

Ihr habt im Januar mit „Anthropogenic“ bereits euer viertes (Full-length) Album veröffentlicht und zählt damit ja schon zu den alten Hasen. Auch euer Sound ist relativ old-schoolig. Könnt ihr mit modern ausgerichteten Death-Metal-Bands bzw. DeathCore-Bands überhaupt etwas anfangen?

Rob: Das Lustige ist, dass bis jetzt jedes Review unseren Sound als old-schoolig bezeichnet, wir allerdings nicht bewusst dieses Ziel verfolgten. Ich höre sehr viel Brutal Death und Slam, mit dem Core-Kram kann ich nichts anfangen, möglicherweise habe ich zu wenige Bands aus dem Sektor gehört, aber für mich haben die Riffs, der Gesangsstil sowie das Arrangement und Songwriting nicht genug Abwechslung. Unser Gitarrist Daniel hört aber sehr gerne Bands wie Whitechapel und All Shall Perish, die das noch am besten hinbekommen. Insgesamt kann man sagen, dass wir von Old-School-Kram bis moderne kristallklare Produktionen das Allermeiste gerne hören und dadurch unseren Stil mittlerweile auch prägen. Zu meinen „modernen“ Bands zählen Kracher wie Dyscarnate, Guttural Secrete, Wormed sowie die neuen Nile-Scheiben. Produktion, Technik und Intensität haben in den letzten Jahren neue Standards gesetzt, wobei man dieses Ziel nicht krampfhaft erreichen sollte, sondern sein eigenes Ding durchzuziehen.

Die Songs auf „Anthropogenic“ (bedeutet soviel vie „vom Menschen verursacht“) handeln (ganz Macabre-like) von Serienmördern. Ihr habt aber die üblichen Verdächtigen wie Charles Manson, Jeffrey Dahmer (wurde ja z. B. von Slayer im Song „213“, von Soulfly in „Jeffrey Dahmer“ und von Macabre im kompletten Album „Dahmer“ behandelt), Fritz Haarmann oder Jack The Ripper ausgelassen. Eine bewusste Entscheidung, richtig?

Tommy: Ja genau, ich fand, dass die Geschichten von Dahmer, Gacy, Haarmann usw. einfach erzählt sind. Ich meine, was will man da noch drüber schreiben? Die Geschichten, die wir behandeln, sind nicht weniger erzählenswert. Hier geht es aber im Allgemeinen um die Abgründe der menschlichen Seele und wozu Menschen in der Lage sind. Die Täter sind hierbei ja meist auch Opfer in einer längeren Kette von Ereignissen. Bei vielen lief in der Kindheit bzw. im Elternhaus oder in der Erziehung einiges extrem schief. Natürlich wollen wir die Taten hier weder herunterspielen noch glorifizieren.

Welche Art von Recherche habt ihr denn für die Texte betrieben?

Tommy: Ich habe mich zu 80% im Internet schlau gemacht, gibt ja genug Seiten mit Geschichten und Biographien. Die anderen 20% waren Filme und Dokus.

Warum passen Texte über Serienmörder und Death Metal so gut zusammen?

Tommy: Ich denke, das fing mit Macabre an, woran sich dann viele Bands orientiert haben. Viele versuchen so brutal wie möglich zu sein, durch ihre Texte und Musik. Ich denke, das macht den Death Metal ein wenig aus.
Auch sind solche Geschichten immer irgendwie faszinierend. Es ist ja nicht nur in der Musik ein weit verbreitetes Thema

Erzählt doch bitte ein paar Details über die Tracks „Volkhoven In Fire“ und „Green River Killer“! Welche Geschichten stehen dahinter?

Tommy: „Green River Killer“ erzählt von Gary Leon Ridgeway, der über 20 Jahre hinweg Prostituierte und Ausreiserinnen in und um Seattle (Staat Washington) getötet hat. Er hat sie meist erwürgt und dann einfach irgendwo beim Green River abgelegt. Er war auch der Ansicht, dass er keine Menschen getötet hätte, zumindest waren sie weniger wert als Menschen.
Er ist dann zu lebenslanger Haft verurteilt worden und sitzt heute noch seine Strafe ab.

Volkhoven In Fire“ handelt von Walter Seifert, der mit einem selbstgebautem Flammenwerfer und einer selbstgebauten Lanze in Köln-Volkhoven in eine Grundschule eingedrungen ist. Er hat dort Kinder und Lehrer mit dem Flammenwerfer in Brand gesteckt und mit der Lanze auf sie eingestochen. Als mögliche Motive stehen seine Tuberkuloseerkrankung und dass er seine Frau im Kindbett verloren hat im Raum. Was ihn aber wirklich zu dieser Tat getrieben hat weiß man nicht. Er hat sich nach der Tat mit Pflanzengift selbst das Leben genommen.

Ziemlich kranke Persönlichkeiten.
Unter euren persönlichen Lieblingsbands finden sich klare Verdächtige wie Vader, Death, Suffocation, Cannibal Corpse, Monstrosity aber auch einige unerwartete Bands wie Rush, Pain Of Salvation oder Nevermore. Sortiert ihr beim Songwriting derartige Einflüsse aus?

Rob: Nein, ganz im Gegenteil, diese Einflüsse prägen unsere Songs. Da jeder von uns einen anderen Fokus auf manche Stilrichtungen hat oder hatte, entsteht so eine interessante Mischung (z. B. die Verbindung von Brutal Death und neoklassischen Solis). Jedoch muss man aufpassen, diese Stile irgendwie unter einen Hut zu bekommen sowie den typischen Stil der eigenen Band aufrecht zu erhalten. Das erfordert sehr viel Arbeit im Proberaum und wir legen viel Wert darauf, Songs ordentlich zu arrangieren.

Weshalb ist „Anthropogenic“ eigentlich ein Split Label Release zwischen Sevared Records (USA) und Rising Nemesis Records?

Rob: Auf der Suche nach einem neuen Label stießen wir auf einen guten Freund, der Rising Nemesis betreibt. Er bot uns an, die Scheibe zu releasen und empfahl uns, mit den Amis ein Split-Release zu machen, um die Vertriebswege flexibler zu gestalten und somit Europa und Amerika abzudecken. Wir sind sehr zufrieden mit dieser Entscheidung, da wir glauben, so unsere CD stärker unter die Leute zu bringen.

Was können wir denn von Epicedium in nächster Zeit erwarten?

Rob: Momentan arbeiten wir schon wieder an neuen Songs und versuchen so oft wie möglich live zu spielen, weil das immer noch am meisten Spaß macht!

Vielen Dank für das Interview! Wenn es noch etwas gibt, was ihr gern weitergeben möchtet, dann ist hier der Platz dafür!

An euch auch vielen Dank für das Interview und den Support! Wenn jemand Lust hat, kommt am 21.7.2012 zu unsrer Stammkneipe Speak Easy, da gibt’s Live Musik mit uns und Holy Moses. Keep it Death Metal!!

(mk)

www.Epicedium.net

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