NoSound | Vorband: A Liquid Landscape

Verfasst am 26. April 2012 von Matthias Rauwolf (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 1.867 views

26.4.2012 – Das Rind, Rüsselsheim

Zwei mir unbekannte Bands und eine Beschreibung auf der Seite des Veranstaltungsortes brachten mich auf den Weg dieses Konzerts in der Opelstadt. Das Rind als Ort ausgefallener Konzerte kenne ich ja schon eine Weile, aber das war mein erster Besuch dort, ohne auch nur eine der Bands vorher gekannt zu haben. Natürlich habe ich mich, nachdem ich den Begleittext zu den beiden Bands auf der Homepage des Rindes gelesen hatte, auch ein wenig über die Musik und die Karriere der Protagonisten des Abends informiert.

Trotzdem würde ich sagen, dass ich eher zu einem unbekannten Konzert gefahren bin, als ich mich nach Rüsselsheim aufmachte und mir, entgegen meiner üblichen Gewohnheit, meine Karte an der Abendskasse hole.

Ich bin ein wenig überrascht, wie wenig vor der Halle los ist, in der das Konzert steigen soll, aber als ich pünktlich um 20 Uhr den Raum vor der Bühne betrete, weiß ich, das es ein Konzert mit einer sehr privaten Atmosphäre werden wird.

Es stehen einige Tische mit Stühlen bereit, direkt vor der Bühne und dahinter noch einige Stehtische mit zugehörigen Hockern. Ich besorge mir also etwas zu trinken und setze mich in die zweite Reihe an einen der Stehtische. Die Zeit bis zum Konzertbeginn, der für 20 Uhr 30 angekündigt ist, vergeht zügig und als einige Holländer aus dem Raum schließlich auf die Bühne klettern, denn der seitliche Eingang wird von einer Leinwand blockiert, zeigt die Uhr tatsächlich genau die anvisierte Zeit.
Es dauert noch ein paar Minuten, bis die Sechs Mann, die die Bühne betreten haben, sich und ihre Instrumente sortiert haben, also genug Zeit, sich über diese Zahl zu wundern, denn eigentlich besteht die Band aus vier Musikern. Bald soll sich heraus stellen, dass die Band zeitgleich mit ihrem Debütalbum auch einen Filmemacher gefunden haben, der mit ihnen zusammen einen Film produziert hat, den er bei diesem Auftritt als VJ selber abspielt. Der sechste Mann auf der Bühne ist der Sounddesigner für den Film, der diese Untermalung offensichtlich auch auf der Bühne Live übernimmt.

Den Film werde ich mir online noch mal ansehen werden, weil er zwar ständig im Hintergrund läuft, dort aber eben nicht immer klar wahrgenommen werden kann. Es gibt, was sich so mitbekommen habe, einige stimmungsvolle Aufnahmen, an denen die Band auch teilgenommen hat, aber einen Zusammenhang zur Musik habe zumindest an diesem Abend nicht feststellen können. Aber trotzdem eine interessante Idee.

Nun aber zum eigentlichen Grund dieses Abends, der Musik. Die Jungs von A Liquid Landscape beginnen, nachdem alle Instrumente einsatzbereit sind, mit ihrem Auftritt und direkt mal mit einem fast 20-minütigen Mammutstück, das aber die Richtung des Abends klar macht. Ein bisschen Post-Rock, etwas Ambient, gepaart mit einigen progressiven Elementen und einem hohen musikalischem Niveau bei allen Instrumenten.
Der Schlagzeuger, der hinter einem recht minimalistischen Set Platz genommen hat, soll im Laufe des Konzerts die gesamte Bandbreite an Sticks nutzen, um seine Variabilität noch zu unterstützen. Der Bassist, der sich zwischenzeitlich auch an einem Synthesizer zu schaffen macht, spielt von Gefühlvoll bis Volldampf das gesamte Repertoire und unterstützt die Songs damit optimal. Auch seine Bühnenpräsenz ist den jeweiligen Stücken oder Sequenzen jeweils sehr gut angepasst.

Der Sänger und Gitarrist weiß vor allem durch variable Stimmgestaltung zu überzeugen und macht auch an der Gitarre eine gute Figur, aber für mich das absolute Highlight ist der zweite Gitarrist, der sich auch auf seinen 6-Saiter konzentrieren kann. Mit immer wieder neuen Effekten weiß er die Musik auf ein neues Niveau zu heben und seinem Instrument Töne zu entlocken, die man ihm nicht zugetraut hätte. Dafür muss er allerdings seine klassischen Bodeneffekte auch immer wieder mit den Händen justieren, so das während dieser Stücke seine Seite der Bühne immer etwas verwaist erscheint, was aber kein großes Problem ist, weil die Beleuchtung auch heute wieder eher spärlich gehalten ist.

Wie man zwischenzeitlich erfährt, spielen die Holländer ihre erste Show in Deutschland und werden heute ihr komplettes Erstlingswerk zum Besten geben. Zu hoffen bleibt, dass die Jungs sich von den lediglich 20 Zuschauern nicht entmutigen lassen, weitere Konzerte in Deutschland zu spielen, denn sie sind wirklich sehens- und hörenswert. Wobei man sagen muss, dass die geringe Menge an Zuschauern doch eine gehörige Menge an Applaus für alle Künstler des Abends spendet, was diese auch wohlwollend zur Kenntnis nehmen.
Als dieser Teil des Konzerts schließlich nach etwas über einer Stunde zu Ende geht, scheinen Musiker und Publikum zufrieden mit diesem Teil des Abends und während die Musiker sich um den Umbau der Bühne kümmern, machen die Zuschauer, was sie eben wollen. Etwas trinken, rauchen oder einfach interessiert zusehen, wie die Bühne von allen überflüssigen Teilen befreit wird, um Platz zu machen für NoSound.

Nach etwas mehr als 30 Minuten ist der Umbau abgeschlossen und die Italiener von NoSound haben sich dort breit gemacht. Ein Drummer, ein Basser, ein Keyboarder, ein Gitarrist und ein Sänger (der auch zur Gitarre greift) bevölkern den nun etwas großzügigeren Raum der Bühne und legen auch sofort los. Die Musik ist abwechslungsreich, der Sound, wie bei der ersten Band und wie nicht anders gewohnt vom Rind, hervorragend und die Stimmung auf der Bühne und im Publikum etwas ruhiger, was wahrscheinlich der vorgerückten Stunde zu schulden ist, aber auch der insgesamt etwas atmosphärischeren und ruhigeren Musik.

Die Stücke der Italiener sind etwas weniger Progressiv sondern setzen eher etwas auf epische Breite, was dazu führt, das man versucht ist, hin und wieder mal die Augen zu schließen und zu träumen. Da mein Tag aber schon etwas länger war an diesem Donnerstag, fiel es mir dann sehr schwer, die Augen wieder zu öffnen, so das ich das träumen bei der Musik dann lieber mit offenen Augen mache. Der Gesang, der sehr variabel gestaltet ist und durchgehend in Englisch gehalten ist, wechselt dann beim letzten Stück des regulären Sets ins italienische, ein Umstand, der diesem Stück noch mal deutlich mehr Glanz verleiht.

So bleiben nur zwei Dinge, die an diesem Abend verbesserungswürdig waren. Erstens würde ich den Jungs von NoSound empfehlen, ein paar Songs in ihrer Muttersprache zu singen, das würde ihnen bestimmt auch außerhalb ihres Heimatlandes neue Fans einbringen, das klang sehr interessant. Und dann wäre eine umgekehrte Reihenfolge der Bands nicht falsch gewesen, aufgrund der doch deutlich ruhigeren Musik der Jungs aus Italien.

Das Publikum, das auch bei NoSound nicht mit Applaus geizte, war im übrigen auch beim Hauptact des Abends nicht viel zahlreicher, erwies sich aber dafür als extrem fachkundig, so ließ es sich nicht von vorübergehend ruhigen Passagen in Songs aus dem Rhythmus bringen, wann man zu applaudieren hatte.
Und so endete nach weiteren eineinhalb Stunden erneut ein sehr schöner Abend im Rind, und ich verließ den Ort mal wieder mit der Gewissheit, das ich mit Sicherheit nicht das letzte mal da gewesen bin und mit der Hoffnung auf weitere Experimente mit solch eher exotischen Bands. Wenn es etwas mehr Unterstützung seitens der Zuschauer gäbe, wäre der Abend aber bestimmt noch ein gutes Stück besser gewesen.

Zuletzt also noch einmal Dank an die Jungs und Mädels vom Rind, die Veranstalter, die Bands und natürlich das Publikum. (mr)

Setlist „A Liquid Landscape“

1. Nightingale Express
2. Wanderers Log You
3. June Fifth
4. Phases
5. The Unreachable
6. Wanderers Log Me
7. Thieves Of Time
8. Out Of Line
9. Come On Home
10. Wanderers Log Storm
11. Secret Isle

Setlist „NoSound“

1. idle end
2. places remained
3. fading silently
4. some warmth into this chill
5. winter will come
6. kites
7. from silence to noise
8. the anger song
9. paralyzed
10. the moment she knew (Zugabe)

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