Frank Turner | Vorbands: Emily Barker, The Red Clay Halo
Verfasst am 20. April 2012 von Matthias Rauwolf (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 2.355 views01.04.2012 – Union Halle, Frankfurt am Main
Ich muss gestehen, dass ich durch Zufall zu Frank Turner und seiner Musik gekommen bin, als ich die Chance auf zwei Gästelistenplätze bekam und diese dann auch tatsächlich nutzte.
Habe mich natürlich vorher ein bisschen eingehört und war vor allem vom Gesang des Engländers recht überrascht, da er für einen Singer/Songwriter doch recht rau und roh klang, was wohl seinen Punkwurzeln geschuldet ist. Die Texte waren eher wie erwartet, aber die Musik wirkte doch eher bieder, wenn auch auf eine bestimmte Art mitreißend.
Soweit zu den Eindrücken der CDs, die ich mir schnell besorgt hatte, aber wie würde das live klingen und funktionieren? Wer würde sich im Publikum wiederfinden, und wie ist die Union Halle für Konzerte geeignet?
Alles Fragen, die mir durch den Kopf schossen, als ich mich auf den Weg machte und die Location schnell und einfach fand. Sogar an die Parkplatznot der Umgebung war gedacht worden und einer der angrenzenden Parkplätze war geöffnet worden. Natürlich kostete es dort eine Gebühr, aber immerhin konnte man nah und sicher am Veranstaltungsort parken, ohne Angst haben zu müssen, sein Auto bei den örtlichen Ordnungshütern wieder abholen zu dürfen.
Die Halle füllte sich doch etwas langsamer als gedacht, und so blieb noch Zeit, sich die Empore und die Bühne in Ruhe anzuschauen. Auch für ein kühles Getränk war noch Zeit, bevor pünktlich um 21 Uhr eine Vorband die Bühne betrat, und ein mittlerweile doch gut gefülltes Haus vorfand. Emily Barker & The Red Clay Halo, so der Name der vier jungen Damen, die die Bühne forsch betreten und mit ihrem ersten Song sogar etwas wie Stimmung aufkommen lassen. Meine Hoffnung, dass die Australierin Emily und ihre Mitsteiterinnen einen würdigen Auftakt in den Abend abliefern können, wird aber leider nicht erfüllt, was zwei Gründe hat.
Erstens folgen dem Opener einige, für meinen Geschmack und vor allem für das folgende Konzert, zu zarte Stücke, die dann noch, zweitens, von einer unerträglichen Geräuschkulisse an der Bar und im hinteren Bereich der Halle erdrückt werden.
Grundsätzlich kann man die Musik wohl in den Bereich des Folk und Country ansiedeln, was man an der Instrumentierung deutlich erkennen kann. Gitarre, Arkodeon, Querflöte Cello und Geige lassen dort wohl kaum Spielraum für großartige Experimente.
Ich kann leider nicht viel zu diesen Stücken sagen, weil eben, dank einer ganzen Menge von Besuchern, die ihrem Rededrang hier noch freien Lauf lassen mussten, nicht viel ankam. Ich finde so etwas schade, denn immerhin hat man bei solchen Gelegenheiten immer wieder die Chance, neue, unbekannte Musiker kennenzulernen, aber das setzt natürlich voraus, dass man ihnen eine Chance gibt und zuhört.
Auf jeden Fall steigt die Aufmerksamkeit und die Stimmung doch wieder deutlich, als Emily den Hauptakteur des Abends zu einem Duett auf die Bühne bringt und dann zum Abschluss auch wieder ein etwas flotteres Tempo an den Tag legt.
Alles in Allem bin ich, aus den genannten Gründen, etwas enttäuscht von der Vorband, aber immerhin verspricht es ein schneller Umbau zu werden, was sich dann aber leider doch nicht bewahrheitet.
Die Pause ist erschreckend lang, wobei dafür bis zum Ende kein Grund zu erkennen ist. Trotzdem bleibt das Publikum erstaunlich ruhig und beschäftigt sich mit sich selber. Auch jetzt gibt es noch nicht den großen Sturm in Richtung Bühne, sodass selbst direkt vor der Bühne noch genug Platz ist, sich ein wenig auszuruhen für das, was kommen wird.
Als Frank und seine Band dann aber die Bühne entern, und bei denen kann man durchaus davon reden, ist sofort die ganze Halle auf den Beinen und feiert die Mannschaft auf der Bühne vom ersten Augenblick an und die geben auch von Anfang an Gas. Sowohl was die musikalische Leistung, als auch, was die Bewegung auf der Bühne angeht. Bassist und Gitarrist der „Sleeping Souls“ benehmen sich gar nicht schläfrig, und auch Drummer und Keyboarder bewegen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr gut mit.
Dass diese Bewegung im Laufe des Konzerts immer mal wieder abnimmt ist nicht verwunderlich und auch nicht tragisch, denn was nicht nachlässt ist der musikalische Druck. Ein Kracher jagt den nächsten und auch die Geschichten, die der smarte Frank immer mal wieder zum besten gibt, sind lustig und wirken authentisch. Auch wenn man sich denken kann, dass der Engländer die eine oder andere Schote bestimmt schon einige Male zum besten gegeben hat, wenn man sich seine Konzertliste der letzten Jahre so anschaut.
Aber trotzdem wirkt er und auch seine Band jederzeit voll motiviert und neben den bekannten Stücken der mittlerweile vier CDs gibt es auch zwei neue Songs, die zwar nicht ganz so enthusiastisch abgefeiert werden, immerhin kennt kaum noch einer den Text, aber sie werden doch positiv aufgenommen und mit entsprechendem Applaus quittiert. Besondere Aufmerksamkeit von meiner Seite verdienen die beiden Cover-Versionen im Programm, wobei ich seine Version des NOFX-Songs „Linoleum“ schon kannte, aber der Queen-Klassiker „Somebody To Love“ zum Ende des regulären Sets machte noch einmal so richtig Laune und zeigte, was für Vollblutmusiker dort auf der Bühne stehen.
Den Abschluss des Konzertes bildete dann schließlich das obligatorische „Photosynthesis“, einer der besten Mitsing-Songs, die ich kenne. Und nach gut eineinhalb Stunden beschließt Frank so das Konzert und man merkt dem Publikum an, dass sie zufrieden nach Hause gehen.
Ich persönlich muss sagen, dass ich den Abend, mit kleinen Abstrichen, als absolut gelungen bezeichnen möchte. Die Abstriche liegen leider außerhalb der Verantwortung von Veranstalter oder Musiker, denn die können natürlich niemandem verbieten, auch während des Konzerts, sich lauthals zu unterhalten, aber störend für den Genuss der Musik ist das natürlich alle mal.
Und daran kann auch der an diesem Abend einwandfreie Sound etwas ändern, der sowohl bei Vorband (soweit man das hören konnte) als auch beim Mainact hervorragend war. Druckvoll, klar, satt!
Ich bin mir übrigens sicher, das ich mit diese Band auch ein weiteres Mal anhören/ansehen würde, wenn sich die Gelegenheit ergibt, aber erst recht würde es mich reizen, einmal ein Solokonzert von Frank zu erleben, was mit Sicherheit ein vollkommen anderes Erlebnis sein dürfte. (mr)
Setlist Emily Barker & The Red Clay Halo:
- Blackbird
- Ropes
- Billowing Sea
- Pause
- Calendar
- Fields Of June (mit Frank Turner)
- Disappear
Setlist Frank Turner & The Sleeping Souls:
- Eulogy
- Try This At Home
- If I Ever Stray
- Glory Hallelujah
- Wessex Boy
- Peggy Sang The Blues
- I Am Disappeared
- Love, Ire & Song
- Substitute
- The Real Damage
- Linoleum
- Where Art Thou, Gene Simmons (neu)
- Long Live The Queen
- I Knew Prufrock Before He Got Famous
- Sons Of Liberty
- Four Simple Words (neu)
- The Road
- I Still Believe
- Somebody To Love
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- Sailor’s Boots
- The Ballad Of Me And My Friends
- Photosynthesis
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