Streams Of Blood

Verfasst am 02. März 2012 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 7.378 views

Es strömt…

Wenn sich in Erlenbach blutige Ströme in den Main ergießen, dann ist es eine Frage der Zeit, bis sich das rote Lebenselixier angetrieben vom dunklen Puls des „The Descent To The Source Of Disorder“-Werks über den Main und den Rhein in der Republik verbreitet hat.
Wir unterhielten uns mit Thymos – dem Ursprung der Streams Of Blood…

Metal-Aschaffenburg: Thymos, die Band Streams Of Blood gibt es bereits seit 2009. Trotzdem haben euch einige noch immer nicht auf dem Schirm. Liegt das daran, dass die Black-Metal-Szene in und um Aschaffenburg so klein ist, dass man sie schnell übersieht?

Thymos: Die Black-Metal-Szene im Raum Aschaffenburg ist echt nicht besonders groß. Aber es gibt einige wenige Leute, die man immer mal wieder auf kleinen und großen Konzerten antrifft. Es gab in der Vergangenheit immer mal wieder einige Bands, wie z. B. As Stormclouds Gather, Blood Vengance, Infinitys End, Engraved und Sargwart. Bei den letzten zwei war ich mal aktiv. Konzerte fanden eigentlich schon immer regelmäßig statt, nur geht die Werbung für die Veranstaltungen meist nur Szeneintern rum. Das liegt daran, dass die meisten normalen Metalheads kein Interesse an dem BM-Underground haben.

Kann man das wirklich kritisieren? Oder ist es einfach so, dass sich die (allgmeine) Metal-Szene bereits so stark gespalten hat, dass Fans einer bestimmten Stilrichtung sich nicht mehr für eine andere interessieren?

Also, ich sehe das schon so, dass die Musiklager im Metal ziemlich gespalten sind. Viele Thrash- und Death-Metal-Hörer haben kein Verständnis für BM. Und den meisten Heavy- oder Power-Metal-Hörern ist es zu hart. Genau so wie viele BM-Hörer kein Interesse an anderen Stilen haben. Aber ich finde persönlich, ein guter Sound ist ein guter Sound. Ich habe ja auch nicht gleich mit Black Metal angefangen. Man verändert sich ja auch im laufe der Zeit. Man darf nicht vergessen, wo die Wurzeln sind. Aber das ist jedem selbst überlassen. Aber es freut mich immer wieder, wenn auch nicht BM-Hörer würdigen, was wir tun.

Kommen wir zu „The Descent To The Source Of Disorder“. Wie ist das Album entstanden? Habt ihr dafür viele Ideen von eurer Mini-CD „Antilife“ aufgegriffen oder seid ihr das Material neu angegangen?

Im Grunde sind wir komplett neu an das Album rangegangen. Aber ich habe beschlossen, die zwei (wie ich finde) stärksten Songs von der „Antilife“, „Speak With The Serpent’s“ und „Deepest Abyss Of My Soul“ neu aufzunehmen. Das liegt daran, dass ich mit dem Sound der „Antilife“ nicht zufrieden war. Nicht, weil sie schlecht produziert ist, sondern weil ich finde, dass der Spirit nicht gut rüberkommt. Der Rest der Songs sind im Laufe des Jahres 2010 entstanden. Ich war sehr viel im Proberaum mit unserem damals neuen Drummer Blood Hammer. Wir haben die Songs zusammen eingespielt und die Texte angepasst. Er hat von Anfang an seine Ideen mit eingebracht, was ich sehr gut fand. So sind wir sowohl als Band als auch als Freunde zusammengewachsen. Das war auch der Grund, dass ich ihn als einziges Bandmember akzeptiere und auch in Zukunft akzeptieren werde. Der Rest wird nur als Sessionmusiker gesehen.

Bereits im Mai werdet ihr ein neues Album in Angriff nehmen. Was können wir von Streams Of Blood erwarten?

The Descent…“ sollte eigentlich schon im März 2011 via Nihilistic Empire veröffentlicht werden. Da es da aber immer wieder Verzögerungen und Probleme gab, erschien es erst im September 2011 via Articaz/Ketzer Rec. Jetzt haben wir Februar 2012. Seitdem ist ja wieder ein bisschen Zeit vergangen. Wir haben jetzt schon sechs komplett fertige Songs für das kommende Album. Ich denke, es wird ein sehr emotionales, düsteres Album mit mehr Melodie, aber ohne an Brutalität zu verlieren. Es sind thematisch einige sehr persönliche Dinge aus unseren Leben in die Songs mit eingeflossen. Das macht die ganze Sache sehr interessant, weil die Musik so viel intensiver wirkt.

Ihr habt im Januar in Wien gespielt. Wie ist es denn zu dem Gastspiel bei den Alpenländern gekommen und wie war es?

Wir sind sehr gut mit Selbstentleibung aus Wien befreundet. Wir hatten sie zu Gast im März 2011 auf dem „Brutal Brutality“ in Erlenbach. Der Gitarrist von ihnen fragte uns dann, ob wir nicht mal bei ihnen in Wien spielen möchten. So ergab sich dann der Gig auf dem „Vienna In War“. Es war eine sehr geile Erfahrung, vor den Metalheads in Österreich zu spielen. Die Leute sind sehr offen und freundlich. Da könnten sich einige Deutsche mal eine Scheibe von abschneiden.

Ich glaube, ihr wart auch die erste Band aus dem Raum Aschaffenburg, die es ins Rock Hard geschafft hat. Wie kam es denn dazu?

Ich war selber sehr überrascht, als ich die Anfrage in meinem Postfach hatte. Ich weiß bis heute nicht genau, wie es dazu kam. Unser Label wusste auch nichts davon. Meistens ist es ja so, dass Bands oder Labels eine Anzeige in dem jeweiligen Magazin schalten und so ihr Interview für Bezahlung bekommen. Aber wir wurden einfach so gefragt. Der Reporter meinte, dass sie unsere CD bekommen hätten und sie sehr begeistert von der Scheibe und der Band sind. Also machten wir das Interview.
Eine sehr schöne Sache für uns. Hat uns sehr gefreut.

Auf eurer Facebook-Seite kann man „Brutal Anti Human Black Metal“ lesen. Eine szenetypische Beschreibung, die sich in manchen Texten widerspiegelt.
Es ist nicht zu bestreiten, dass der Mensch für viele Übel in der Welt selbst verantwortlich ist. Kann man aber überhaupt die Menschheit allumfassend hassen?

Im Grunde kann man nie alles verallgemeinern. Aber es ist nun mal so, dass der Mensch viele negative Facetten hat. Dazu gehören für mich Neid, Gier, Übermut und sein Ego. Es ist heute leider so, dass wir in einer Ich-Gesellschaft leben. Die meisten schauen nur auf sich. Mit aller Gewalt das Bestmögliche für sich rauszuholen. Dieses Verhalten hast du in allen Schichten und Kulturen. Ich gebe jedem Menschen eine Chance. Aber es ist unglaublich, wie viele daran scheitern, einfach nur ein bisschen Respekt und Anstand aufzubringen. Wenn sich nicht bald was ändert, glaube ich, sind wir dem Untergang geweiht.

Insbesondere im Black Metal gibt es scharf umrissene Regeln, Dogmen und Grenzen dessen, was erlaubt ist. Textlich wie musikalisch.
Auch eure Art Black Metal zu spielen könnte man Wurzeltreu nennen. Schränkt man sich als Musiker damit nicht selbst ein?
Ideen, die zwar gut sind, jedoch nicht in den Kontext passen müssen ja zwangsläufig verworfen werden. Seht ihr euch selbst kreativen Grenzen ausgesetzt?
Darf man als „authentische“ Black-Metal-Band überhaupt über die Genregrenzen hinaus denken?

Kann man und will man als BM-Band bzw. ihr als Band überhaupt neue Impulse setzen?

Im Prinzip stimmt das, dass wir die traditionelle Art des Black Metal spielen. Aber wir haben auch andere Elemente, die im Rock, Blues oder Jazz ihren Ursprung finden. Nur wird das halt mit dem typischen Sound geschmückt. Der Laie, der von Musikrhythmik und Melodieskalen keine Ahnung hat, kann das nur schwer erkennen. Ich kann die Musik nicht neu erfinden, aber ich probiere trotzdem, dem Ganzen eine eigene Note zu verpassen. Und auf Regeln und Grenzen habe ich schon immer geschissen. Ich mach‘, wozu ich Lust habe. Wenn ich finde, dass es passt, dann wird es umgesetzt. Ich sehe BM nicht nur als Musik, sondern als Kunstform. Es gehört alles dazu. So auch das Auftreten der Band – sowohl live als auch im z. B. im Booklet. Das Artwork, die Bilder, das Merch. Es muss einfach stimmig sein für mich. Klar hat man alles schon irgendwo, irgendwie mal gesehen. Aber man kann immer noch dem Ganzen seinen eigenen Touch verleihen. Das probieren wir immer wieder aufs Neue.

Welche Bands haben euren Sound beeinflusst? Bevorzugt ihr die Ursprünge (mit Bands wie Nagelfar & Co.) oder die „neuere Generation“ mit Endstille & Co.?

Uns hat vor allem die erste und zweite Welle des BM beeinflusst. Bands wie Mayhem, Burzum, Emperor, Satyricon, Dissection, Marduk und Gorgoroth. Ansonsten gibt es heutzutage auch noch Bands wie Belphegor, Shining, Urgehal, Behexen, Celestial Bloodsheed und Nehemah, die ich gerne höre.
Aber ich liebe auch Alben von Bands wie Katatonia („Dance Of December Souls“, „Brave Murder Day“), Tiamat („Wildhoney“) oder Iced Earth („Dark Saga“). Diese gewisse Melancholie, die diese Bands rübergebracht haben hat mich sehr fasziniert.

Wie beurteilt ihr die aktuelle Black-Metal-Szene in Deutschland?

Deutsche Bands, die es Wert sind erwähnt zu werden, sind Nagelfar, Ruins Of Beverast, Dark Fortress (mit dem alten Sänger), Mor Dagor und Darkened Nocturn Slaughtercult. Natürlich gibt es noch viele andere gute Bands aus Deutschland, aber das würde zu viel Platz brauchen, um die alle zu erwähnen.
Die Szene an sich interessiert mich nicht mehr so sonderlich. Ich finde man braucht viel Zeit, um sich regelmäßig zu informieren und um auf Konzerte zu gehen. Meine Prioritäten liegen mittlerweile woanders. Ich bin lang genug dabei, um sagen zu können, dass ich sehr viele Bands gesehen und supportet habe. Die eigene Musik steht mittlerweile im Vordergrund.

Danke für das Interview!

The Descent To The Source Of Disorder“ – im Track-by-Track-Kommentar von Thymos:

The Sense“ – Auf der Suche nach dem Sinn im Leben muss man manchmal sehr tief in seine Abgründe steigen.

Deepest Abyss Of My Soul“ – Ist man angekommen, muss man mit ihnen kämpfen und sie heraufbeschwören.

Fullmoon Era“ – Manchmal strahlt das einzige Licht in der Nacht vom Mond aus. Der Mond symbolisiert die Hoffnung in deinen dunkelsten Phasen.

Chaos Returns“ – Chaos ist der Ursprung, der Anfang. Wünschen wir uns nicht manchmal einen Neubeginn?

N.W.O.“ – New World Order: Meine Vorstellung, wie es sein wird, wenn sich nichts ändert. Oder ist es nicht sogar schon so?

Speak With The Serpent’s“ – Im Leben verkaufen wir auf bildliche Art und Weise mehrmals unsere Seele dem Teufel. Die Schlangen sprechen Tag für Tag mit dir und versuchen, dich zu verführen.

The Punishment“ – Ist deine Strafe für die Vergehen, die du getan hast. Eine schöne Vorstellung für das Böse der Welt.

Final Journey“ – Dein letzter Gang! So wie ich finde, die interessanteste Reise, die ich so darstelle.

www.StreamsOfBlood.com

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